Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

Erster Abschnitt. 
Einleitung. 
Eine Literatur über das Coburg-Gothaische Staatsrecht besteht nicht; es gehört zu den 
Nachtheilen der kleinen Staaten, daß ihren Gesetzen und Einrichtungen nur selten eine wissen— 
schaftliche Bearbeitung zu Theil wird. Auch wir müssen uns darauf beschränken, eine systematische 
Zusammenstellung der vielen Einzelheiten zu geben, aus welchen sich das heutige öffentliche Recht 
der Herzogthümer zusammensetzt. 
§ 1. Geschichtliche Entwickelung. Stellung zum Reich. Staatsgebiet. Verfassung. „Co- 
burg-Gotha“, einer der kleineren deutschen Bundesstaaten, besteht erst seit dem Jahre 1826. Seine 
Vorgeschichte fällt für die ältere Zeit einerseits mit der Geschichte der fränkischen Grafschaft Henne- 
berg, andererseits mit der Geschichte Thüringens zusammen. Im 14. Jahrhundert kam die Stadt 
Coburg mit einigen benachbarten Bezirken — „Ort Landes in Franken“ — durch Verheirathung 
einer Gräfin von Henneberg mit einem Markgrafen von Meißen unter Sächsische Herrschaft und 
seit dieser Zeit hat das Land an den zahlreichen Wandlungen Theil genommen, welche das Säch- 
sische Ländergebiet in Thüringen im Laufe der Jahrhunderte durch Erbtheilungen, Vergleiche, 
Tauschverträge 2c. zu erfahren hatte. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts fielen Stadt und Amt 
Gotha, sowie das Amt Tenneberg (Waltershausen) an den in Coburg residirenden Herzog Johann 
Casimir (1 1633); die „Pflege Coburg“ bildete damals nicht mehr ein Sächsisches Nebenland, son- 
dern ein selbstständiges Fürstenthum mit einem eigenen Regenten. Im Jahre 1638 erlosch aber 
die alte Coburgische Linie und der größere Theil des Landes kam an Altenburg, dessen Herzog 
Friedrich Wilhem III. von 1640 bis 1669 Regent des Fürstenthums Coburg war. Mit dem Aus- 
sterben des S. Altenburgischen Hauses im Jahre 1672 fiel Coburg an Gotha und wurde ein 
Theil des größeren Sächsisch-Thüringischen Staatsgebiets, welches Herzog Ernst der Fromme (J 1675) 
unter seiner Herrschaft vereinigt hatte, welches aber seine 7 Söhne durch ihre mehrfachen Thei- 
lungen wieder zersplitterten. Herzog Albrecht, der zweite Sohn Ernst's des Frommen, gründete 
1680 eine neue Coburger Linie, die jedoch schon mit seinem Tode (1699) wieder endete. Nach 
einem mehr als 30jährigen Erbfolgestreit, der hauptsächlich zwischen S. Meiningen und S. Saal- 
feld geführt wurde, erhielt endlich durch einen Reichshofrathsbeschluß vom 24. Mai 1735 das 
fürstliche Haus Saalfeld „Stadt und Amt Coburg“ zugesprochen und es entstand so das 
Fürstenthum Coburg-Saalfeld, dessen Regentenfamilie, gestiftet von Johann Ernst, dem 
jüngsten Sohne Ernst's des Frommen, heute als Herzogl. Haus von S. Coburg und Gotha fort- 
besteht. 
Der älteste Sohn Ernst's des Frommen, Friedrich I., hatte nach Abtheilung mit seinen Brü- 
dern nur noch Gotha-Altenburg behalten; seine Linie erlosch 1825 mit dem Tode des 
Herzogs Friedrich IV. Auf die Nachfolge in Land und Leute machten die Herzöge von S. Mei- 
ningen, von S. Coburg-Saalfeld und S. Hildburghausen Anspruch; der Streit unter ihnen schloß 
mit einem Vergleich, welcher neue, tief einschneidende Aenderungen an der politischen Gestaltung 
der Sächsisch-Thüringischen Herzogthümer zur Folge hatte, ohne doch zugleich eine zweckmäßige 
Abrundung der einzelnen Ländergebiete herbeizuführen. Durch den Hildburghäuser Vertrag vom 
12. November 1826 wurden die Coburg-Saalfelder Stammlande mehr zerrissen als das eigent- 
liche Theilungsobject Gotha-Altenburg. Herzog Friedrich von Hildburghausen erhielt unter Ver- 
zichtleistung auf seine bisherigen Besitzungen das Herzogthum Altenburg; Herzog Ernst von 
Coburg-Saalfeld trat das Fürstenthum Saalfeld und das Coburgische 
Amt Themar an S. Meiningen ab und bekam dagegen das Herzogthum 
Gotha nebst den Hildburghäusischen Aemtern Sonnefeld und Königs- 
berg, von denen das letztere mitten im Bayerischen Kreise Unterfranken, mehrere Meilen von 
Handbuch des Oeffentlichen Rechis. III. au U. 8
	        
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