82. Das Staatsoberhaupt. 119
(beir apparent des englischen Rechts im Gegensatze zum heir presumptive) von der
Succession ausgeschlossen sein und die Regierung sofort auf den nach ihnen zunächst
berechtigten Prinzen übergehen soll. (Die Ausnahmen s. gleich unten.) Dieser Nächstberech-
tigte würde eventuell der zweite Sohn des Prinzen von Wales sein. Es hat aber der
Prinz von Wales durch Erklärung dd. Windsor Castle den 19. April 1863 sowohl für
sich wie für alle seine Nachkommen auf jedes Erbfolgerecht in den Herzogthümern zu
Gunsten seiner drei jüngeren Brüder Alfred, Arthur und Leopold sowie ihrer Manns-
stämme Verzicht geleistet und sich und seinem Mannsstamme nur für den Fall, daß die
Linien der drei Brüder erlöschen sollten, die Regierungsnachfolge in Coburg und Gotha
vorbehalten, — eine Erklärung, welche am 25. Mai 1863 von Leopold I., König der
Belgier, als Vormund der damals noch minderjährigen Prinzen Alfred, Arthur und
Leopold angenommen, auch unter Zustimmung des gemeinschaftlichen Landtags von der
Staatsregierung in der Coburg-Gothaischen Gesetzsammlung verkündigt worden ist. Auf
solche Weise hat Prinz Alfred, Herzog von Edinburg, die nächste
Berechtigung zur Regierungsnachfolge erlangt und es ist diese
Berechtigung nach dem Verfassungsrechte des Landes unan-
fechtbar.
Von der Vorschrift, daß die Staatsregierung nicht auf den Inhaber eines außer-
deutschen, namentlich des englischen Thrones gelangen soll, tritt eine Ausnahme ein, wenn
zur Zeit des Erbfalls außer dem König von England oder dem englischen Thronfolger
oder dem König und dem Thronfolger ein successionsfähiger Nachkomme aus der Spe-
ziallinie des Prinzen Albert nicht vorhanden ist; im ersten und dritten Falle soll der Kö-
nig, im zweiten der Thronfolger die Regierung der Herzogthümer antreten, aber ver-
bunden sein, dieselbe durch einen Statthalter führen zu lassen,
bis sie etwa von einem volljährigen successionsfähigen Prinzen aus der Speziallinie des
Prinzen Albert übernommen werden kann. Der Statthalter muß protestantischen
Glaubens sein (vom Herzog ist das nicht vorgeschrieben) !) und seinen wesentlichen Wohn-
sitz im Lande nehmen; ein Agnat des Herzoglichen Hauses braucht er nicht zu sein. Seine
Regierungshandlungen bedürfen gleichfalls der Contrasignatur eines Mitglieds des Staats-
ministeriums, er selbst ist nur dem Herzog, der ihn eingesetzt hat und den er vertritt,
für seine Amtsführung verantwortlich. Das Recht der Unverletzlichkeit steht ihm nicht zu.
Ein Herzog soll keinen außerdeutschen Thron besteigen; thut er es dennoch, so liegt
darin ein Verzicht auf die Regierung der Herzogthümer.
„Wenn einem Prinzen des Herzoglichen Hauses nach den Grundsätzen der Sächsischen
Hausverfassung durch Erbgangs-, Mitbelehnschafts-, Anwartungs= oder Erbverbrüderungs-
recht Land und Leute anfallen, so wird das ihm Angefallene sofort und unmittelbar dem
jeweils regierenden Herzog erworben“ und von diesem mit den Herzogthümern
weiter vererbt. Diese hausgesetzliche Bestimmung hat hauptsächlich wegen der in der De-
scendenz des Prinzen Albert eintretenden Secundogenitur Bedeutung. Sollten die Häuser
von Sachsen-Meiningen und Altenburg vor dem Coburg-Gothaischen Hause erlöschen und
wäre alsdann der Prinz Alfred (Herzog von Edinburg) oder einer seiner Nachkommen
oder ein Nachkomme eines jüngeren Bruders Herzog von Coburg und Gotha, so würden
die erledigten Lande gemäß der in denselben gültigen Successionsordnungen nicht ihm,
sondern dem Prinzen von Wales, bez. dem Primogenitus aus dessen Stamme ganz
oder theilweise anfallen; dieser soll sie aber nach der erwähnten, für die Coburg-Gotha-
ische Speziallinie bestimmten Anordnung nicht für sich, sondern für den regierenden
1) Bei den Vorberathungen wurde das Einverständniß der Staatsregierung, des gemein-
schaftlichen Landtags und der Agnaten constatirt, daß unter den Bekennern des protestantischen
Glaubens auch Anhänger der anglikanischen Kirche begriffen sind.