122 Forkel, Das Staatsrecht der Herzogthümer Sachsen-Coburg und Gotha. 8 4.
Die heutige Organisation beruht auf dem Gesetz vom 17. Dezember 1857. Darnach
zerfällt das Staatsministerium, den eigenthümlichen Verfassungsverhältnissen der Herzog—
thümer entsprechend, in zwei Abtheilungen, von denen die eine mit dem Sitze in
Coburg für alle besonderen Angelegenheiten des Herzogthums Coburg und die andere
mit dem Sitze in Gotha für alle besonderen Angelegenheiten des Herzogthums Gotha be-
stimmt ist. Jede Abtheilung hat einen verantwortlichen Vorstand; ein Staatsminister
steht an der Spitze des ganzen Ministeriums und ist zugleich Vorstand einer der beiden
Abtheilungen. Die gemeinschaftlichen Angelegenheiten sind derjenigen Abtheilung zuge-
wiesen, welcher der Staatsminister vorsteht, zur Zeit der Gothaischen. Das Haus-
ministerium kann der Herzog nach seinem Ermessen mit dieser oder jener Abtheilung ver-
binden; auch kann er den einen oder andern Geschäftszweig (Inneres, Justiz, Verwaltung)
ganz von dem Geschäftskreise der Abtheilungsvorstände lostrennen und einem besonderen
verantwortlichen Vorstand in der nämlichen Abtheilung übertragen, wie dies jetzt that-
sächlich bei der Gothaischen Abtheilung der Fall ist.
Mindestens fünf Mitglieder, der Staatsminister, der Vorstand der anderen Abthei-
lung, die etwaigen Departementschefs und die vom Herzog dazu berufenen Räthe bilden
das Gesammt-Ministerium; die Thätigkeit desselben ist ausschließlich berathender
Natur. Gegenstände von besonderer Wichtigkeit, insbesondere alle Entwürfe von Gesetzen
und Verordnungen und alle Fälle, in denen ein Staatsdiener entlassen oder zur Dispo-
sition gestellt werden soll, müssen zur Berathung an das Gesammt-Ministerium gelangen.
Eine eigenthümliche Bestimmung gilt für den Fall eines Regierungswechsels. Bis
dahin, wo der Regierungsnachfolger den Verfassungseid geleistet hat, geht die Verantwort-
lichkeit für den gesammten Geschäftsbereich des Staatsministeriums, also beider Ab.
theilungen auf die Person des Staatsministers allein über und dieser ist ver-
pflichtet, diejenigen Gegenstände, die nach der für das Staatsministerium bestehenden In-
struktion der ausdrücklichen Genehmigung des Herzogs unterworfen sind, an das Ge-
sammtministerium zu bringen. Auch hier übt das Letztere keine beschließende, son-
dern nur eine berathende Thätigkeit.
Die „verantwortlichen Mitglieder des Staatsministeriums“ genießen einer besonderen
Sicherung bezüglich ihrer dienstlichen und pecuniären Stellung, wenn ihre Entlassung auf
Anordnung des Herzogs oder auf ihr eigenes, durch die verfassungsmäßige
Verantwortlichkeit begründetes Ansuchen erfolgt; sie stehen zur Disposition
und haben Anspruch auf das gesetzliche Wartegeld. Letzteres wird, wenn der betreffende
Beamte vor seinem Eintritt in das Staatsministerium eine höhere Besoldung bezogen
hatte, bis auf den Betrag derselben ergänzt. Die frühere Bestimmung, wonach ein ab-
tretender Minister, wenn er nicht dem Staatsministerium wenigstens 5 Jahre lang vor-
gestanden hat, bei Verlust aller seiner Ansprüche an den Staat verbunden war, eine der
dem bekleideten Posten zunächst stehenden Staatsstellen anzunehmen, ist durch Gesetz vom
29. April 1865 aufgehoben.
Da das Staatsministerium eine gemeinsame Einrichtung bildet, so werden die Kosten
beider Abtheilungen vom gemeinschaftlichen Landtag festgestellt und ist auch
jeder Ministerialbeamte gemeinschaftlicher Staatsdiener.
8 4. Die Staatsdiener. Die Staatsdienerschaft im Ganzen ist nicht
gemeinschaftlich: das Amt entscheidet. Dagegen gehört die Gesetzgebung über den
Staatsdienst zur Competenz des gemeinschaftlichen Landtags, damit die pragmatischen Rechte
und Pflichten der Staatsbeamten im Interesse des Dienstes immer nach gleichen Normen
festgestellt werden. Diese Rechte und Pflichten sind geregelt durch das gemeinschaftliche
Gesetz über den Civilstaatsdienst vom 3. Mai 1852 und verschiedene Nachträge.
Alle Anstellungen gehen vom Herzog aus; sie erfolgen entweder durch Patent