89. Die Verwaltung. 131
altpreußischen Provinzen zugleich das Notariat aus; dasselbe hat sich aber im Ganzen
wenig entwickelt, besitzt auch keine gesetzliche Grundlage aus neuerer Zeit, sondern beruht
im Wesentlichen noch auf der Kais. Notariatsordnung von 1512. Die Aufsicht über die
Notare steht dem Präsidenten des betr. Landgerichts zu. Die freiwillige Gerichtsbarkeit
einschließlich des Grundbuchwesens befindet sich mit bei den Amtsgerichten; auf erhobene
Beschwerde entscheiden die Landgerichte endgültig.
Die Handelsregister, Genossenschaftsregister, Marken= und Muster-Register
werden für das Herzogthum Coburg von der Kammer für Handelssachen in Coburg, für
das Herzogthum Gotha von dem Amtzgerichte in Gotha geführt.
§ 9. Die Verwaltung. I. Die innere Verwaltung, die Gemeinden
und die Schulen. In Ansehung der inneren Verwaltung, welche alle Re-
gierungssachen im engeren Sinne, auch das Schulwesen, namentlich aber das umfangreiche
Gebiet der gesammten Polizei umfaßt, hat das St. G. G. jedem der beiden Herzog-
thümer seine volle Selbstständigkeit gelassen. Nach und nach haben aber gleichwohl wichtige
Verwaltungszweige, wie bereits oben angedeutet wurde, auf dem Umwege der Reichsge-
setzgebung den Character der Gemeinschaftlichkeit angenommen; wo es sich z. B.
um die Ausführung (im Gegensatze zur bloßen Anwendung und Handhabung) der Ge-
werbeordnung, des Impfgesetzes, des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz handelt,
fungirt jetzt zumeist für beide Herzogthümer als oberste Landesbehörde die Gothaische
Ministerialabtheilung, welcher der Staatsminister vorsteht. Reichsgesetze und Particular=
gesetze greifen jedoch oft so in einander, daß sich in einzelnen Fällen die Zuständigkeit
beider Abtheilungen begründen läßt. Für Coburg liegt hierin der Keim zu mancher Un-
sicherheit der Kompetenzverhältnisse. Wenn gleichwohl von Beschwerden und Conflicten
hierüber bisher nichts bekannt geworden ist, so mag der Grund einerseits in der Loyalität
und dem guten Einvernehmen der betr. Beamten, andererseits aber auch in der Thatsache
gefunden werden, daß die Staatsangehörigen in der Regel gegen die Frage, ob sie eine
Anordnung und Entscheidung von der Coburgischen oder von der Gothaischen Abtheilung
zu erhalten haben, eine gewisse Gleichgültigkeit an den Tag legen. Es ist auch gesetzlich
nicht ausgesprochen, wer über Competenzstreitigkeiten zwischen den Abtheilungen entscheiden
soll; die Instructionen, welche der Herzog darüber ertheilt hat, bilden ein Internum des
Staatsministeriums.
Der Verwaltungsorganismus ist seit Jahrzehnten durch Aufhebung aller collegialisch
besetzten Mittelbehörden (Landesregierungen, Consistorien, Cammercollegien 2c.) erheblich
vereinfacht; als Behörden für die innere Verwaltung bestehen in jedem der beiden Her-
zogthümer nur die Gemeindevorstände, die Landrathsämter (1 im Herzog-
thum Coburg, 3 im Herzogthum Gotha) und das Staatsministerium. In den
Städten liegen die landräthlichen Functionen mit einigen wenigen Ausnahmen den Ma-
gistraten (Stadträthen) ob, welche ebenso wie die Landrathsämter unmittelbar unter dem
Staatsministerium stehen, während die Vorstände der Landgemeinden (Schultheißen) ihre
nächstvorgesetzte Behörde in den Landrathsämtern haben. (Cob. Ges. vom 17. Juni 1858,
Goth. Ges. vom 11. Juni 1858, die Organisation der Verwaltung betr.) Kreisverbände
bestehen nicht; der Umfang des Landes bietet, wenigstens in Coburg, für solche Einrich-
tungen keinen Raum.
Jeder Staatsangehörige soll einer Gemeinde, jedes Grundstück einem Gemeindebe-
zirk (Flurbezirk) angehören. Ausgenommen sind nur die dem Herzog zur freien Verwal-
tung vorbehaltenen Bestandtheile des Domänenvermögens, ferner solche Domänengüter,
welche eine geschlossene, von der Gemeindeflur getrennte Gemarkung haben, und einzelne
größere Waldungen. Den Besitzern solcher Grundstücke und Güter liegen für den Be-
reich derselben alle aus dem Gemeindezweck abgeleiteten Verpflichtungen ob, insbesondere
9 *