Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

809. Die Verwaltung. 135 
den auf ein Jahr verlängerten letzten Etat der betr. Staatskasse einen Mehrbedarf zur 
Folge hat, so ist der Einzellandtag verbunden, diesen außerhalb des Etats, z. B. aus den 
Beständen oder durch eine Extrasteuer, aufzubringen. 
Den zuständigen Landtagen bezw. Ausschüssen werden von Jahr zu Jahr die Fi- 
nalrechnungsabschlüsse der beiden Staatskassen und ebenso die Jahresrechnungen nebst den 
Belegen mitgetheilt, um die Einhaltung der Voranschläge zu prüfen. Ob die mit dem 
gemeinschaftlichen Landtage festgestellten Etatssätze eingehalten worden sind, prüft 
dieser bezw. der Ausschuß desselben. Die Rechnungsarbeiten der Landtage laufen gewöhn— 
lich auf eine eingehende Controle der gesammten Staatsverwaltung hinaus. 
Die gemeinschaftlichen Einnahmen bestehen hauptsächlich aus den Erträg- 
nissen des nicht bedeutenden gemeinschaftlichen Grundbesitzes, aus den Sporteln und Strafen 
der gemeinschaftlichen Behörden, insbesondere der Justizbehörden, und aus den mit der 
Zoll= und Stempelgesetzgebung des Reichs zusammenhängenden Ueberweisungen aus der 
Reichshauptkasse; ihre Gesammtsumme reicht thatsächlich lange nicht an die der gemein- 
schaftlichen Ausgaben hinan. Zur Deckung des antheiligen Mehrbedarfs und der particu- 
lären Landesausgaben hat jedes Herzogthum seine eigenen Einnahmequellen; in beiden be- 
stehen, wenn auch nicht auf völlig gleichen gesetzlichen Grundlagen, eine Grundsteuer, eine 
Einkommen= und Klassensteuer, eine Hundesteuer, Abgaben von Jagdkarten oder Waffen- 
scheinen, Collateralgelder resp. Nachlaßsteuer, Chausseegeld, Gewerbeabgaben und Dispen- 
sationsgelder, ferner in Gotha eine Eisenbahnsteuer, welche sich nach dem Uebergang der 
Thüringischen Eisenbahn auf den Preußischen Staat nur noch auf die kurze Bahn von 
Fröttstädt nach Friedrichroda bezieht und in einer Ouote des Reinertrags besteht. Dazu 
kommen in jedem Herzogthume die Erträgnisse des werbenden Staatsvermögens und die 
Beiträge aus den Domänen. Der gesammte Voranschlag pro 1. Juli 1882/85 
beträgt für die Staatskasse Coburg 986 200 M. Einnahme und 979700 M. Ausgabe, für 
die Staatskasse Gotha 2 584 121 M. Einnahme und ebensoviel Ausgabe. 
2. Die Rechtsverhältnisse der Domänen bedürfen noch einer besonderen Darle- 
gung. Es giebt ein Coburgisches, ein Gothaisches und ein Coburg-Gothaisches Domänen= 
vermögen; sie sind sämmtlich Bestandtheile der Domänen des Gothaischen Gesammthauses, 
weichen aber in ihren staatsrechtlichen Beziehungen nicht unwesentlich von einander ab. 
In Coburg hatte die Verfassung von 1821 ausgesprochen, daß das Domanial- 
vermögen dem regierenden Herzoglichen Hause eigenthümlich zuge- 
höre, die Revenuen aber „für die Erhaltung des Regentenhaufes, 
für die Administratiouskosten und den übrigen Bedarf“ verwen- 
det werden sollten. Ueber diese Verwendung entstanden Zerwürfnisse mit den 
Ständen, hauptsächlich weil die Domänenschulden auf die Staatsschuldentilgungskasse über- 
nommen worden waren und die Stände einen angemessenen Beitrag der Domänenkasse zur 
Verzinsung und Tilgung beanspruchten. Der langjährige Streit wurde durch das Gesetz 
vom 29. Dezember 1846 beigelegt. Dasselbe erkennt ausdrücklich an, daß die Domänen 
ein mit der Fideicommißeigenschaft belegtes unveräußerliches 
Familieneigenthum des Herzoglichen Hauses bilden, überweist aber 
gleichzeitig die Hälfte des jährlichen Domänen-Reinertrags der 
Staatskasse als Beitrag zur Tilgung der Staatsschulden, wäh- 
rend die andere Hälfte zur Erhaltung des Herzoglichen Hauses 
und Hofes bestimmt ist. Diese andere Hälfte ersetzt die Coburgische Civilliste; 
aus ihr sind auch die hausgesetzlichen Apanagen, Sustentationsgelder, Mitgaben und Wit- 
thume zu bestreiten, so daß der Staatskasse keinerlei Ausgaben für den 
Herzog und das Herzogliche Haus obliegen. Die gleichheitliche Theilung 
des Reinertrags zwischen dem Herzog und dem Lande sollte ursprünglich bis zur plan-
	        
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