Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

136 Forkel, Das Staatsrecht der Herzogthümer Sachsen-Coburg-Gotha. 89. 
mäßigen Tilgung derjenigen Staatsschuld, welche im Jahre 1846 bestand, dauern, ist aber 
durch Gesetz vom 21. Februar 1855 gleichzeitig mit der Schuldentilgungsperiode bis 
zum Jahre 1919 verlängert worden; von da an wird sich der Beitrag zur Staats- 
kasse von der Hälfte auf ein Drittel mindern. So lange der Staat einen Antheil des 
Reinertrags bezieht, sind die Domänengüter von der Grundsteuer befreit. Die Verwaltung 
des Domänenguts erfolgt seit Aufhebung der Mittelbehörden durch die Coburgische Abthei- 
lung des Staatsministeriums, welcher cin Domänenamt, die Forsteien und andere Doma- 
nialbeamte unterstellt sind. Wegen der Betheiligung der Staatskasse werden die Etats 
mit dem Einzellandtag festgestellt; gelingt eine Vereinbarung nicht, so soll der Herzog 
über die Etatssätze innerhalb der Grenzen eines mit Gesetzeskraft versehenen sogenannten 
Grundetats entscheiden, welcher übrigens in seinen Einnahme= und Ausgabe-Sätzen durch 
die im Laufe der Zeit eingetretene Vermehrung der Erträgnisse und des Verwaltungsauf- 
wandes längst überholt ist. Die Rechnungen über die Domäneneinkünfte werden jährlich 
ebenfalls dem Landtage bez. Landtagsausschusse zur Stellung etwaiger Erinnerungen vor- 
gelegt. Außerdem ist der Landtag auf Grund der Verfassung auch „Garant“ des Do- 
mänenvermögens und soll als solcher über die ungeschmälerte Erhaltung desselben wachen. 
Daß das Coburgische Domänengut nicht ausschließliches Eigenthum des Coburg-Gotha- 
ischen Spezialhauses, wie es nach dem Gesetz vom 29. Dezember 1846, den Anschein haben 
könnte, sondern Eigenthum des Gothaischen Gesammthauses ist, steht außer 
Zweifel. (S. Art. 20 des Hausgesetzes v. 1. März 1855.) 
In Gotha wurde das ganze, sehr beträchtliche Kammer= und Domänenvermögen 
durch Beilage III. zum St. G.G. vom 26. März 1849, welchem überhaupt manche radi- 
cale Uebertreibung anhaftete, ohne Weiteres zum Staatsgut erklärt und dem regie- 
renden Herzog außer der freien Benutzung der Schlösser und Hofgebäude nebst Gärten 
und Gartenanlagen eine jährliche Rente von 100 000 Thalern ausgesetzt. Die Agnaten 
erhoben hiergegen Protest. Nach langen und mühsamen Verhandlungen kam endlich zwischen 
dem regierenden Herzog und dem Prinzen Albert „für sich und das S.-Gothaische Gesammt- 
haus einerseits und dem Staatsministerium zu Gotha in Vertretung des Herzogthums Gotha 
unter Zustimmung des Gothaischen Landtags anderer Seits“ ein Vergleich v. 1. März 1855 
zu Stande, welcher unter Aufhebung jener Bestimmungen aus dem Jahre 1849 als neues, 
unter dem Schutze des St. G.Ges. vom 3. Mai 1852 stehendes Domänengesetz publizirt 
wurde. Darnach ist nunmehr das Kammer= und Domänenvermögen in seinen wesentlich- 
sten und nutzbarsten Bestandtheilen unter der Bezeichnung „Domänengut“ auch in Gotha 
als fideicommissarisches Eigenthum des Gothaischen Gesammt- 
hauses anerkannt; nur die dem Staatsdienst gewidmeten Gebäude und Liegenschaften, 
die Straßen und anderen Einrichtungen für Landeszwecke sowie gewisse lehnherrliche Be- 
züge wurden als „Staatsgut“ ausgeschieden. Das Domänengut wird ebenso wie in Co- 
burg von dem Staatsministerium unter Controle des Einzellandtags verwaltet, welcher 
die Etats mit feststellt und die Rechnungen prüft. Auch in Gotha besteht ein Grundetat, 
von dem das Nämliche gilt, was oben vom Coburgischen gesagt ist. Die Verwendung 
des Reinertrags geschieht aber auf andere Weise wie in Coburg. Zunächst erhält näm- 
lich der Herzog für sich und das Herzogliche Haus — einschließlich der Kosten einer 
etwaigen Regierungsverwesung oder Statthalterschaft — jährlich 100 000 Thaler, sodann 
die Staatskasse für die Grundsteuern und anderen Staatsabgaben vom Domänengute sowie 
zur theilweisen Deckung der Staatsverwaltungskosten (welche ja auch für die oberste Do- 
manialverwaltung mit entstehen) 36 000 Thlr.; der dann noch verbleibende Ueberschuß 
wird zwischen dem Herzog und der Staatskasse gleichheitlich getheilt. Dieser Theilungs- 
modus ist auch nicht wie in Coburg zeitlich beschränkt, sondern für alle Zukunft festgesetzt, 
so lange das Herzogliche Haus regiert. Apanagen, Sustentationsgelder und Ausstattun-
	        
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