146 Klinghammer, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt. 84.
Bei Unmöglichkeit der rechtzeitigen Einberufung des Landtags oder Nichtgenehmigung
des vorgelegten oder eines anderen Etats von Seiten desselben ist die Regierung befugt,
alle bisherigen Einnahmen eine weitere Budgetperiode hindurch zu erheben. In dringen—
den Fällen kann ferner die oberste Regierungsbehörde unter eigener Verantwort—
lichkeit, wenn der Landtag nicht versammelt ist, Gesetze erlassen. Dieselben müssen je—
doch nachträglich dem Landtag zur Genehmigung vorgelegt werden.
VI. Der Landtagsausschuß. Offenbar im Anschlusse an die frühere land—
ständische Verfassung wird, wie bei vielen deutschen Staaten, am Schlusse jeder ordent—
lichen Landtagsversammlung ein Landtagsausschuß gebildet. Derselbe besteht aus
dem Landtagspräsidenten, dessen Stellvertreter und 4 mit Stimmenmehrheit vom Landtage
gewählten Abgeordneten. Er wird vom Fürsten einberufen. Seine Thätigkeit währt bis zum
nächsten Zusammentritt des ordentlichen Landtags und ist eine sehr weitgehende. Es kann
dem Landtagsausschuß die Vorbereitung der dem künftigen Landtage zu unterbreitenden
Vorlagen übertragen werden. Gesetze können mit einstimmiger Genehmigung des Land—
tagsausschusses auch aus bloßen Zweckmäßigkeitsgründen erlassen werden. Durch moti—
virten Vorschlag des Landtags vorbereitete Gesetzesentwürfe werden nach erklärtem Ein—
verständniß des Landtagsausschusses vom Landesherrn als wirkliche Gesetze publizirt.
Im Uebrigen hat der Landtagsausschuß die Kontrolle über die Verfassungsmäßigkeit
der Regierungshandlungen. Dem Landtagspräsidenten steht das Recht zu, an den Fürsten
die Bitte um Einberufung des Landtags oder des Ausschusses zu richten. Der Fürst
kann dem letzteren auch noch andere Befugnisse des Landtags interimistisch übertragen und
kann dessen Rath und Gutachten über Regierungsfragen einfordern. Drei vom Landtage
zu bestimmende Mitglieder des Landtagsausschusses bilden den Rechnungsausschuß
und haben als solche die Revision der Hauptlandeskassenrechnung und die Signirung der
Staatsobligationen vorzunehmen.
§ 4. Behörden-Organismus. I. Die Verwaltung. An der Spitze des gesammten
Amtsorganismus des Fürstenthums steht das Ministerium. Dasselbe zerfällt den
Hauptfunctionen der Staatsgewalt entsprechend in verschiedene Abtheilungen. Die Anzahl
der letzteren und die Vertheilung der Geschäfte wird je nach Bedürfniß durch Verord-
nung festgestellt.
Chef der gesammten Landesverwaltung und des Ministeriums ist der Minister.
Diesem zur Seite stehen ein oder mehrere Abtheilungsvorstände. Letztere sind ebenso,
wie der Minister, dem Landtage verantwortlich.
Der Landtag hat das Recht, wegen Verfassungsverletzungen, die in Handlungen oder
Unterlassungen bestehen können, gegen die genannten Personen durch Beschluß ein strafrecht-
liches Verfahren einzuleiten. Der diesbezügliche Beschluß ist dem Fürsten vom Landtags-
vorstande zu überreichen und der Antrag auf Untersuchung beim gemeinschaftlichen Ober-
landesgericht zu Jena zu stellen. Dieses entscheidet dann in nichtöffentlicher Sitzung in
erster Instanz durch einen Strafsenat, in zweiter Instanz im Plenum.
Der Minister kann Maßregeln und Anordnungen der Abtheilungsvorstände einst-
weilen suspendiren, um die landesherrliche Entscheidung in der Sache einzuholen. —
Räthe und Assessoren bilden in der erforderlichen Anzahl die Mitglieder der Abtheilungen.
Zur Zeit sind folgende Abtheilungen gebildet worden:
1. für innere Landesverwaltung, 2. für die Justiz, 3. für die
Finanzen, 4. für Kirchen= und Schulsachen.
Die niederen Polizei= und Verwaltungsangelegenheiten sind den Gemeinden, die
höheren, soweit sie nicht dem Ministerium vorbehalten sind, den 3 Landrathsämtern, in
welche das ganze Land eingetheilt ist, Rudolstadt, Frankenhausen und Königsee, überwiesen.
Vorbehalten aber sind dem Ministerium der Verkehr mit dem Reiche und den fremden