Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

148 Klinghammer, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schwarzburg-Rudolstadt. § 5. 
Nach dem Grundgesetz steht die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit ge- 
hörig publizirter Landesgesetze dem Richter nicht zu, sondern nur einzig und allein dem 
Landtage. Die Gültigkeit der vom Landesherrn sanktionirten Gesetze und allgemeinen 
Verordnungen ist bedingt durch die Bekanntmachung derselben in der Gesetzsammlung, 
welche in Rudolstadt ausgegeben wird. Enthält das Gesetz oder die Verordnung eine 
Bestimmung über den Anfang der Gesetzeskraft, so ist diese maßgebend, andernfalls tritt 
das Gesetz oder die Verordnung mit dem Beginn des achten Tages nach der Ausgabe 
des Stückes in Kraft. Der Anfangstag ist hierbei nicht mitzuzählen. 
§ 5. Der Staatsdienst. Zur Verwirklichung seiner Aufgaben bedient sich der Staat 
berufsmäßiger Beamter. Zu diesem Behufe überträgt der Landesherr oder die dazu von 
ihm beauftragte Behörde für Zwecke des Staates errichtete, beständige, öffentliche Aemter 
an dienstlich befähigte und persönlich würdige Personen und gewährt diesen hiefür ein 
aus der Staatscasse fließendes oder vom Staate gewährleistetes Einkommen. Nur die 
so angestellten Beamten sind als Staatsdiener zu betrachten. Volksschullehrer sind 
keine Staatsdiener. 
Die Anstellung erfolgt durch Decret oder Rescript, je nachdem wissenschaftliche bez. 
technische oder blos mechanische Dienste durch das Amt gefordert werden. Durch das 
Dekret wird ein lebenslängliches unwiderrufliches Recht auf das Amt und den Gehalts- 
bezug verliehen, falls die Klausel der Widerruflichkeit oder Kündigung im Decret nicht 
enthalten ist. Mit der Anstellung übernimmt der Staatsdiener abgesehen von den ge- 
wöhnlichen Amtspflichten die besondere Verpflichtung, neben seinem Amte kein Geschäft 
oder Gewerbe zu treiben, sich nicht ohne Genehmigung seiner vorgesetzten Dienstbehörde 
vom Amtssitze zu entfernen, das Amtsgeheimniß zu wahren und ohne Genehmigung der 
Dienstbehörde die Ehe nicht einzugehen. 
Die Verfolgung der Pflichtverletzungen der Staatsdiener geschieht, abgesehen von 
der criminellen Bestrafung und privatrechtlichen Haftbarkeit, im Wege des Disciplinar= 
verfahrens. Falls gegen einen Staatsdiener vor oder während dieses Verfahrens 
die gerichtliche Untersuchung wegen der nämlichen Thatsachen eingeleitet wird, so kann 
dasselbe erst nach erfolgter rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidung eröffnet oder fortge- 
setzt werden. 
Das Disciplinarverfahren selbst ist verschieden, je nachdem es sich um richterliche 
oder nichtrichterliche Beamte handelt. Was zunächst die letzteren anbetrifft, so 
bestehen die Disciplinarstrafen theils in den Ordnungsstrafen der Warnung, des Verweises, 
der Geldbuße und eventuell des Arrestes, theils in der Entfernung vom Amte, nämlich 
Suspension bis auf 3 Monate, Strafversetzung und Dienstentlassung. Die Entfernung 
vom Amte kann nur nach vorausgegangenem förmlichen Disciplinarverfahren erfolgen. 
Das Disciplinargericht erster Instanz besteht aus 3 Mitgliedern und zwar zwei 
höheren Verwaltungsbeamten und einem höheren richterlichen Beamten. 
In zweiter Instanz entscheiden 5 Mitglieder, nämlich drei höhere Verwaltungsbe- 
amte und zwei höhere richterliche Beamte. Diese Disciplinargerichte entscheiden auch über 
Pflichtwidrigkeiten der Volksschullehrer. Die Mitglieder werden vom Fürsten ohne Be- 
schränkung auf eine gewisse Zeitdauer ernannt. 
Fällt einem richterlichen Beamtern ein geringeres Dienstvergehen zur Last, 
so hat der nächste dienstliche Vorgesetzte den Beruf, nach vorher von ihm eingeforderter 
Erklärung ihn auf die Amtspflichten aufmerksam zu machen. Disciplinarstrafen dagegen 
können gegen richterliche Beamte nur nach vorherigem förmlichen Disciplinarverfahren er- 
kannt werden. Das Verfahren besteht in einer mündlichen Verhandlung nach vorausge- 
gangener von einem Richtercommissar geführten Voruntersuchung. Das Gericht wird ge- 
bildet aus einem Strafsenat des Oberlandesgerichts zu Jena in der Besetzung von 5
	        
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