164 Schambach, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen. 86.
Indirecte Auflagen dürfen nur mit Genehmigung des Ministeriums eingeführt
werden.
Die nächste Aufsicht über die Gemeindeorgane führt der Landrath, die
oberste Dienstbehörde der Gemeindebeamten ist das Ministerium, Abth. des
Innern, welches auch im Wege des Disciplinarverfahrens Gemeindebeamte des Dienstes
entheben und einzelne Mitglieder des Gemeinderaths wegen Pflichtverletzung entlassen
oder ganze Gemeinderäthe auflösen kann.
II. Die Bezirke. Als höheres Organ der Selbstverwaltung ist (Ges. v. 10. Juli
1857 und 13. April 1881) in jedem Verwaltungsbezirk ein Bezirksausschuß gebildet,
bestehend aus dem Landrathe, aus Vertretern der im Bezirke belegenen Ritter= und Frei-
güter resp. im Sondershäuser Bezirke auch der Besitzer von mindestens 50 Hectaren Landes,
ferner aus von der Regierung zu berufenden Vertretern des Domanialgrundbesitzes, aus
den Bürgermeistern der im Bezirk belegenen Städte, sowie endlich — aus der Zahl der
Bürgermeister gewählten — Vertretern der im Bezirke belegenen Landgemeinden. Allge-
meine Bedingungen des Rechtes, Mitglied zu sein, sind Staatsangehörigkeit, Volljährig-=
keit und Besitz der staatsbürgerlichen Rechte. Das Amt ist ein Ehrenamt, nur erhalten
die Vertreter der Gemeinden, und zwar aus der Gemeindekasse, ihre Reisekosten vergütet.
Als Bezirksangelegenheiten, über welche der Bezirksausschuß zu beschließen hat,
gelten: a. Errichtung, Einrichtung, Erhaltung und Veränderungen von Anstalten, welche
im Eigenthum des Bezirks sich befinden oder dem Interesse desselben dienen, b. Erwer-
bung, Benutzung und Veräußerung von Bezirkseigenthum, c. Anlagen, Meliorationen,
Flußregulirungen und Bauten von Kunst= und Vicinalstraßen, welche das Interesse des
ganzen Bezirks oder einer Mehrzahl von Gemeinden berühren. Der Bezirksausschuß
kann zur Erreichung der genannten Zwecke die Bezirksangehörigen besteuern und Anleihen
für den Bezirk machen, welchen Falles jedoch seine Beschlüsse (Gesetznachtrag vom 25. Jan.
1870) der Genehmigung des Ministeriums A. d. J. bedürfen. In sonstigen Beschlüssen
ist der Bez. Ausschuß selbstständig, der Landrath hat aber die Befugniß, dieselben durch
Berufung auf die Entscheidung des Ministeriums A. d. J. anzufechten.
Der Bezirksausschuß wählt ferner die Beisitzer zu der Einschätzungscommission für
die Klassensteuer und hat sein Gutachten abzugeben über allgemeine, den Bezirk treffende
polizeiliche Verordnungen oder Maßnahmen, sofern nicht Gefahr im Verzuge; über die
von den Gemeinden der Staatsregierung zur Genehmigung vorgelegten Ortsstatuten; über
sonstige ihm vom Ministerium oder Landrath besonders vorgelegte Gegenstände.
§ 7. Der Landtag. I. Der Landtag ist nach dem derzeit gültigen Wahlgesetze
vom 14. Jan. 1856 aus fünf Abgeordneten der direct wählenden Höchstbesteuerten, fünf
aus allgemeinen indirecten Wahlen und höchstens fünf lebenslänglich vom Fürsten er-
nannten Mitgliedern zusammengesetzt. Die Abgeordneten vertheilen sich auf die Unter-
und Oberherrschaft im Verhältniß von 3:2, Staatsdiener und Geistliche bedürfen eines
jederzeit widerruflichen Urlaubs (V.O. v. 12. Juli 1857). Wahlberechtigt ist jeder männ-
liche Staatsangehörige, welcher das active Wahlrecht bei den Gemeindewahlen besitzt und
nicht mit Entrichtung directer Staatssteuern ein Jahr und darüber hinaus im Rückstande
ist. (Gesetzesnachtrag vom 13. April 1881.) Wählbar ist Jeder, der das active Wahl-
recht hat und 30 J. alt ist. Die Wahl abzulehnen und das Mandat niederzulegen steht
frei. Ueber die Gültigkeit der Wahlen hat nur der Landtag zu entscheiden. (85 23—25
des Land.-Gr.G. von 1857.) Die Mitglieder haben sich als Vertreter des ganzen Landes
anzusehen und sind an Aufträge oder Instructionen nicht gebunden. Sie können wegen
ihrer Abstimmungen niemals, wegen ihrer Aeußerungen im Landtage nur innerhalb des-
selben nach Maßgabe der Geschäftsordnung, oder falls durch solche Aeußerungen ein Ver-
gehen verübt sein sollte, mit Genehmigung des Landtags durch den zuständigen Richter