170 Schambach, Das Staatsrecht des Fürstenthums Schwarzburg-Sondershausen. 810.
Befugniß haben die Verwaltungsbehörden wegen der in ihrem Bezirke verüb—
ten, ihr Ressort betreffenden Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die
Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle.
Der administrativen Zwangsvollstreckung ohne vorherige richterliche
Verurtheilung unterliegen, außer den im vorigen Alinea bezeichneten Strafen, nach der
Exec.-Ordnung vom 13. August 1847 und Nachtrag vom 26. Mai 1879 die sämmtlichen
öffentlichen Leistungen und Abgaben — direkte und indirekte Steuern, Sporteln, Stempel,
Regalabgaben, Kommunal-, Kirchen-, Schul= und Armenabgaben, Gebühren von Standes-
beamten und Schiedsmäunern, Kosten der Auseinandersetzungsbehörden u. s. w. — sowie
auch, wenn der Schuldner sich der Exekution der betr. Verwaltungsbehörde urkundlich unter-
worfen hat, auf privatrechtlichen Titeln beruhende Forderungen, insbesondere Pachtgelder
für Kammer-, Gemeinde 2c. Güter. Für die Auseinandersetzungsbehörden, sowie die Orts-
behörden resp. Einnehmer außer in den Städten, verfügt die Execution der Landrath;
für die Standesbeamten und Schiedsmänner das betr. Amtsgericht.
II. Finanzverwaltung. Unter Leitung des Ministeriums, Finanzabtheilung,
sowie unter Mitwirkung und Controlle des Landtags (vgl. §§ 7, II. I) wird Staats-
und Kammervermögen einheitlich durch die in § 3 u. III bezeichneten Behörden verwalltet.
Der gesammte, auch das Kammervermögen umfassende neu aufgestellte Etat 1884/87
schließt in Einnahme mit 2249 500 Mark, in Ausgabe mit 2228 970 Mark. Die
Staatsschuld beträgt einschließlich eines neuen Eisenbahndarlehns von 500 000 Mark,
und 448 047 an Cautionen, 1 871 300 Mark, und wird mit jährlich 1 péCt. amortisirt.
Derselben steht das Eigenthum an den Eisenbahnen Ilmenau-Großbreitenbach und Hohen-
ebra-Ebeleben im Bauwerthe von 1 413.000 Mrk. excl. Grunderwerb, ein Wirthschaftsfond von
750 000 Mark, sowie weitere Bestände gegenüber. Wegen des Kammerguts s. oben § 2, V.
An direkten Staatssteuern werden erhoben die Grundsteuer und die Klassen-
steuer (nach Etat 1884/87 151 400 Mark Grundsteuer, 206 000 Mark Klassensteuer). Die
Grundsteuer (Gesetz vom 8. Juli 1868 und 25. Januar 1870) zerfällt in die unter dem
Namen „Gebäudesteuer“ zu entrichtende Staatsabgabe in Höhe eines Jahresbetrags
von 2½ péCt. des Nutzungswerthes der steuerpflichtigen Gebäude und in die eigentliche
„Grundsteuer“, welche von den Liegenschaften — den ertragsfähigen Grundstücken,
den Gebäudeflächen und den zu den Gebäuden gehörigen Hofräumen — in Höhe von
6 pCt. deren Reinertrags zu entrichten ist. Der Reinertrag ist bei Einführung der Steuer,
unter Zuhülfenahme preußischer Normen und Beamten, im ganzen Fürstenthum ermittelt
worden, und unterliegt zeitweiliger — für die Gebäudesteuer 15 jähriger, im Jahre 1884
bevorstehender — Revision.
Der durch Gesetz vom 2. Jannar 1853 eingeführten Klassensteuer, einer
progressiven Einkommensteuer, unterliegen alle Staatsangehörigen, mit Ausnahme der
Mitglieder des Fürstlichen Haufes, von Personen vor vollendetem 18. Lebensjahre ohne
Genuß eignen Vermögens, gewisser activer Militärs, der fortlaufend und öffentlich unter-
stützten Armen, der über 60 Jahre alten Personen der niedrigsten Steuerstufe, sowie laut
Novelle vom 14. Juli 1882 aller derjenigen, welche nicht ein Einkommen von über
300 Mark haben. Der Classensteuer unterfallen auch (Gesetz v. 22. December 1871) die
Genossenschaften= Commandit= und Aktiengesellschaften. Sie wird nach acht Klassen und
innerhalb dieser nach gewissen Stufen erhoben und beträgt u. a. jährlich 1 Mark für
über 300—400 Mark, 4 Mark für über 500—600 Mark, 30 Mark für über 1350 bis
1500 Mark, 72 Mark für über 2400—3000 Mark, 540 Mark für über 18 000—21 600
9000 Mark für über 300 000—360 000 Mark Jahreseinkommen. Sie beruht durchgängig
auf Einschätzung, nicht Fassion. Bestimmungsgrund ist das Gesammteinkom-
men, wobei jedoch weder eine genaue Ermittelung des Betrags noch ein Eindringen in