11. Das Verhältniß des Staates zur Kirche und Schurle. 173
riums bedürfen Aenderungen der Stellendotation, wesentliche Aenderungen der für kirch-
liche, geistliche oder Schulzwecke bestimmten Räume, Veränderungen im Grundstock, Dar-
lehnsaufnahmen, Veräußerungen von Vermögensbestandtheilen, Ausschreiben von Umlagen,
Collecten u. s. w., Aenderungen in der Organisation und dem Lehrplan der Volksschule,
sowie Einführung neuer Lehr= und Lesebücher. Die Kirchen= und Schulinspektion kon-
kurrirt bei Ländereiverpachtungen, Friedhofsordnungen, Erhebung von Prozessen und
deren Vergleich. Eine M.O. v. 14. März 1866 ordnet das Detail.
III. Die Rechtsverhältnisse der Geistlichen gehen in Folge mehrerer am 1. Jan.
1884 in Kraft tretender neuer Gesetze der Neugestaltung entgegen.
Laut Ges. v. 9. Juni 1883 wird das Stelleinkommen, ebenso wie das der Volks-
schullehrer und zwar nach übereinstimmenden Grundsätzen, jetzt neu veranschlagt. Eine
Neuaufstellung soll sodann regelmäßig von 10 zu 10 Jahren, ausnahmsweise sonst nur
bei erheblicher Veränderung der Besoldungsverhältnisse innerhalb dieser Periode, wieder-
holt werden. Die Dienstwohnung wird, je nach dem Wohnort mit 10, 7½, 5 % des
Diensteinkommens, der Nutzungswerth der sonstigen Liegenschaften nach den erzielten resp.
bei Selbstbewirthschaftung nach den üblichen Pachtpreisen berechnet; bei Durchschnittser-
trägen und Preisen werden in der Regel 10 Jahre zu Grunde gelegt, von den nicht in
fester baarer Besoldung bestehenden Beträgen des Stelleinkommens zur Deckung etwaiger
Ausfälle 3% in Abzug gebracht. Das jährliche Diensteinkommen, einschl. Wohnung, soll
lt. eines weiteren neuen Ges. v. 8. Juni 1883 für Vicare nicht unter 1600 M., für de-
finitiv angestellte Geistliche nicht unter 1800 M., sowie in Voraussetzung würdiger Amts-
führung vom vollendeten 5. Dienstjahre nicht unter 2400 M. betragen. Die Ergänzungen
des Minimaleinkommens leistet die allgemeine Pfarrkasse. Da der gesammte Durchschnitts-
betrag der geistlichen Stellen (etwas über 60) an sich ca. 3300 M. beträgt, glaubt man
nach gewonnener Erfahrung über die allgem. Pfarrkasse die Scala des gesetzlichen
Minimaleinkommens um so mehr erhöhen zu können, als ein Ges. v. 20. April 1881
die Möglichkeit der Vereinigung von Parochien bietet.
Die Pensionirung der Geistlichen kann — Ges. v. 30. Nov. 1875 — außer im
Falle der Unfähigkeit auch nach zurückgelegtem 70. Lebensjahre gefordert resp. verfügt
werden. Die Pension wird wie die der Staatsdiener bemessen und vierteljährlich aus
der allgem. Pfarrkasse pränumerirt; der Höchstbetrag ist 3600 M. Wegen der Hinter-
bliebenen cf. oben § 4.
Die mehrerwähnte, lt. Ges. v. 8. Juni 1883 am 1. Jan. 1884 zu errichtende allg.
Pfarrkasse dient, außer zur Ergänzung der Minimalbesoldungen und Zahlung der Pen-
sionen, zu Gewähr von weiteren Gehaltszuschüssen behufs Herbeiführung größerer Gleich-
mäßigkeit in den Bezügen der Geistlichen je nach Maßgabe ihres Dienstalters. Nächst
einem ihr zugewiesenen Capitalfond von ca. 50000 M. bestehen ihre Mittel in etatsmäßigen
Beiträgen aus Landesmitteln (zunächst jährlich 20000 M.), aus Eintrittsgeld, Beförde-
derungsgeld und — unter Wahrung des Minimaleinkommens — laufenden Beiträgen der
Geistlichen, endlich in zeitweiligen Pfründenabzügen, indem nach Gehör des Kirchenraths
unter Berücksichtigung der einzelnen Stellen und deren Inhaber den letzteren bis zum
vollendeten 30. Dienstjahre (zur Zeit zwischen 1—⅛ über 30) das Mehr ihres
Stelleinkommens über das Minimum ganz oder theilweise zu Gunsten der allg. Pfarrkasse
abgezogen werden kann.
Stolgebühren für Aufgebote, Trauungen und Taufe sind durch Ges. v. 24. Dec.
1874 aufgehoben; der Staat entschädigt nur die bisherigen Inhaber; die Entschädigung
der Stellen als solcher ist einem besonderen Gesetze vorbehalten, welches, da der Landtag
eine Belastung der Gemeinden vermeiden möchte, bisher noch nicht zu Stande gekom-
men ist.