Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

83. Die Staatsbehörden. 9 
erledigten, da sie den Landesunterthanen weit zugänglicher waren als das Hofgericht, thatsächlich 
den bei wei weitem größten Theil der betreffenden Geschäfte 7). 
Für die Verwaltung der kirchlichen Angelegenheiten und die Ausübung der kirchlichen 
Gerichtsbarkeit war im Jahre 1561 ein gemeinschaftliches Consistorium errichtet worden, das 
seinen Sitz zunächst in Weimar, dann in Jena hatte :). Später entstanden verschiedene Consi= 
storien für die einzelnen Länder; so wurden in Folge der Landestheilung von 1641 besondere Con- 
sistorien in Weimar, Eisenach und Jena errichtet, die sich auch nach Wiedervereinigung der be- 
treffenden Landestheile erhielten 3). 
Diese Behördenorganisation blieb während des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts 
unverändert bestehen. Dagegen begann mit dem Anfang des achtzehnten Jahrhunderts 
eine Umgestaltung derselben. Im Jahre 1702 wurde ein Geheimrathscollegium, auch 
geheimes Consilium genannt, zur Berathung derjenigen Angelegenheiten errichtet, deren Erle- 
digung der Herzog sich selbst vorbehalten hatte ). Außerdem entstand eine Menge von Spezialbe- 
hörden für einzelne Zweige der Staatsverwaltung. Zunächst wurde im Jahre 1702 ein Kammer- 
collegium für die Verwaltung der Kammergüter und landesherrlichen Einkünfte eingesetzt 9), dem 
nach Anfall der eisenachischen Lande eine um dieselbe Zeit entstandene gleiche Behörde für den 
eisenachischen Landestheil hinzutrat 3). Die Besorgung der Militärökonomie wurde einer eigenen 
Kriegscommission anvertraut ?). Für die Verwaltung der Polizei wurde 1770 eine Lan- 
despolizeidirection in Weimar, später Landespolizeicollegium genannt, und 
1805 eine Polizeidirection in Eisenach errichtet ). Die Leitung des Steuerwesens wurde den 
Landschafts kassendirectorien zu Weimar und Eisenach und dem aus Deputirten der 
Landstände bestehenden Steuercollegium zu Jena übertragen?). 
Für die lokale Verwaltung 10) war das Land in Aemter eingetheilt. Dem Amt- 
mann stand innerhalb seines Bezirkes die Ausübung der gesammten Justiz und Verwaltung zu. 
Im achtzehnten Jahrhundert wurde jedoch die Verwaltung der Domänen und Regalien eigenen 
Behörden, den sig. Rentämtern übertragen, während die früher als Aemter bezeichneten Be- 
hörden nunmehr die Bezeichnung Justizämter erhielten 1). Die Befugnisse der Aemter wurden 
in denjenigen Gebieten, wo Patrimonialgerichtsbarkeit bestand, durch die Patrimonialge- 
richte ausgeübt. Von den Städten war ein Theil den landesherrlichen Aemtern und Patri- 
monialgerichten unterworfen; ein anderer Theil besaß eigene Regierung und Gerichtsbarkeit, welche 
durch Stadtrath und Stadtgericht ausgeübt wurden. — Auf dem Gebiete der kirchlichen 
Angelegenheiten fungirten als Aufsichtsbeamte und Organe der Consistorien die Super inten- 
denten, welchen für die Regelung der s.g. äußern Angelegenheiten der Kirche noch ein weltlicher 
Beamter — der Amtmann, Patrimonalrichter, ein Mitglied des Stadtrathes — zur Seite trat. Diese 
gemischten Behörden wurden als Kirchencommissionen oder Kircheninspectionen 
bezeichnet 12). 
Im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts haben verschiedene Veränderungen in 
der Behördenorganisation stattgefunden, welche größtentheils der Umgestaltung der Verfassungsver- 
hältnisse parallel gehen. 
Schon seit 1806 waren in einzelnen Aemtern Landräthe bestellt worden, welche aus 
der Zahl der Grundbesitzer genommen wurden und eine Aufsicht über die Verwaltung führen 
sollten 15). Aber erst die Constitution der vereinigten Landschaft vom Jahre 1809 machte die Ein- 
· 1) B. G. H. Hellfeld, Versuch einer Geschichte der landesherrlichen höchsten Gerichtsbar- 
keit und derer Hofgerichte in Sachsen, besonders des gesammten Hofgerichtes zu Jena. Jena 1782. 
2) Consistorialordnung von 1561, abgedruckt bei Joh. Schmidt, ältere und neuere Gesetze, 
Ordnungen und Circularbefehle des Fürstenthums Weimar und der jenaischen Landesportion Bd. II. 
S. 310 ff., Konsistorialordnung von 1569, abgedruckt bei Richter, evangelische Kirchenordnungen 
des fünfzehnten Jahrhunderts Bd. II S. 324 ff. 
3) Schweitzer a. a. O. S. 132. 
4) Schweitzer a. a. O. S. 129. 
5) Schweitzer a. a. O. S. 130. Kammerordnung vom 20. Sept. 1734 bei Schmidt 
a. a. O. Bd. II S. 104 ff. 
6) Schweitzer a. a. O. S. 138. 
7) Schweitzer a. a. O. S. 141. 
a 
a 
. O. S. 142. 
9) Schweitzer a. a. O. S. 140 
10) Schweitzer a. 
P 
. O. S. 153 ff. 
11) Instruction für die Amtleute vom 6. März 1734 (bei Schmidt a. a. O. Bd. I. 
und Rentbeamten-Instruction vom 20. Sept. 1734 (bei Schmidt a. a. O. Bd. VI S. 
12) Schweitzer a. a. O. S. 175 ff. 
13) Schweitzer a. a. O. S. 193. 
S. 170 ff.) 
153 fl.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.