810. Kirchliche Verhältnisse und Schulwesen. 185
810. Kirchliche Verhältnisse und Schulwesen. Landeskirche ist die evangelisch-lutherische;
dem Landesherrn stehen die Episkopalrechte über dieselbe zu!). Zur Verwaltung der
kirchlichen Angelegenheiten besteht in jeder Kirchgemeinde, abgesehen von den Städten
Greiz und Zeulenroda, in welchen zur Zeit noch abweichend organisirte Kirchen= (und
Schul-) Deputationen bzw. Kommissionen gebildet sind, ein Kirchgemeindevorstand ?). Der-
selbe setzt sich regelmäßig aus dem den Vorsitz führenden Pfarrer und einer Anzahl Ge-
meindemitgliedern zusammen, welche letztere das Konsistorium aus einer von den stimm-
berechtigten K.G. Mitgliedern gewählten größeren Zahl von Vertrauensmännern beruft.
Der K.G. Vorstand hat die K.Gemeinde allseitig in ihren Rechten und Pflichten, nament-
lich auch in vermögensrechtlicher Beziehung zu vertreten. Zur Beschlußfassung über be-
sonders wichtige Angelegenheiten kann vom Konsistorium die K.G.Versammlung, d. i. die
Gesammtheit der stimmberechtigten Mitglieder der K. Gemeinde, zusammenberufen werden. —
Die Veranstaltung religiöser Zusammenkünfte außerhalb der Kirchen unterliegt gewissen
Beschränkungen ).— Der Austritt aus der Landeskirche erfolgt nach 6 Wochen vorher er-
folgter Anzeige beim zuständigen Pfarramt durch eine beim Amtsgericht des Wohnorts
zu Protokoll zu gebende Austrittserklärung?).
Die öffentlichen Schulen sind confessionell. Die Lokalschulaussicht wird (unter Ober-
aufsicht des Kousistoriums) in den Städten von den Schuldirektoren, in den Landgemein-
den von den Ortsgeistlichen geführt. Die Verwaltung gewisser Schulangelegenheiten ist
dem in jeder Schulgemeinde aus dem ersten Geistlichen, dem Schuldirektor bezw. ersten
Lehrer und Gemeindevertretern gebildeten Schulvorstand zugewiesen?). Alle Kinder
sind schulpflichtig, und zwar in der Regel vom 6. bis zum 14. Lebensjahr); für den
regelmäßigen Schulbesuch derselben sind ihre Eltern bezw. deren Vertreter verantwort-
lich, welche bei wiederholter Versäumung ihrer diesbezüglichen Pflichten auf Anzeige des
Schulvorstandes gerichtlich mit Geld= oder Haftstrafe belegt werden?). Ueber Aulage
und Ausstattung neu zu bauender Schulhäuser für öffentliche Volksschulen bestehen detail-
lirte Vorschriften, wonach u. A. die Zahl der Schüler in einem Schulsaal nicht mehr
als 80 betragen soll":). Für den Unterricht ist überall Schulgeld zu entrichten. Auch
Privatschulen sind der staatlichen Aufsicht unterworfen?).
Soweit der Abwurf des etwa vorhandenen Kirchenvermögens und Schulfonds (in welchen
auch die Schulgelder fließen) nicht ausreicht, sind die für Kirche und Schule erforderlichen
Mittel von den Gemeinden durch Umlagen aufzubringen 0); jedoch unterhält der Staat
selbstständig ein Volksschullehrerseminar, und gewährt den Gemeinden für kirchliche und
Schulzwecke theilweise beträchtliche Zuschüsse. Für die Geistlichen und Schullehrer besteht
ein Pensionsfonds, zu welchem sie jährlich 1½ bis 2 Prozent ihres Diensteinkommens
beizutragen haben und aus welchem sie beim Eintritt in den Ruhestand /8 bis ¼ des-
selben als Pension beziehen; die Pension ihrer Hinterlassenen beträgt bis zu ½ des
Diensteinkommens!?.
1) Ebend. §§ 46, 48. 2) G. v. 7./4 80. 3) V. v. 31./5 53. 4) G. v. 24./12 75.
5) Instr. v. 16./1 47. 6) V. v. 25./1 47 und v. 26./5 83. 7) Verf. § 49. V. v. 12./12 70.
8) V. v. 5./10 82. 9) V.V. v. 25./8 56 und v. 3./2 73. 10) V. v. 7./1 54. 11) G.G. v.
6., 2 64 und v. 27./3 68.