Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

192 Müller, Das Staatsrecht des Fürstenthums Reuß jüngerer Linie. 84. 5. 
anzutragen, die Rechnungen über die Staatsverwaltung zu prüfen und zu moniren, die 
Einhaltung des Etats zu überwachen und bei der Verwaltung der Staatsschuld mitzu— 
wirken. 
8 4. Behördenorganismus. Verwaltungs- und Justizbehörden. 
Oberste Landesbehörde ist das Fürstliche Ministerium mit dem Sitze in Gera. 
An der Spitze desselben steht ein verantwortlicher Minister. 
Das Ministerium besteht aus vier Abtheilungen: 
1) für die Angelegenheiten des Fürstlichen Hauses und für das Aeußere; 
2) für das Innere, 
3) für die Justiz und Kirchen= und Schulsachen, 
4) für die Finanzen. 
Der Minister ist Vorstand der 1. und einer der andern Abtheilungen, jetzt des 
Innern; die beiden übrigen Abtheilungen haben je einen verantwortlichen Vorstand. Ge- 
gen Verfügungen der Abtheilungsvorstände findet Recurs an das Gesammtministerium 
statt. Vor letzteres gehören auch alle Entschließungen über Gesetze, Verordnungen und 
allgemeine Instructionen, über Anstellung, Entlassung, Versetzung und Pensionirung der 
Staats-, Kirchen= und Schuldiener. Auch andere Gegenstände können auf Anordnung des 
Fürsten oder des Ministers dem Gesammtministerium übertragen werden. 
Die untere Verwaltung ist zwei Landrathsämtern in Gera (sogenannter unterlän- 
discher Bezirk) und Schleiz (sogenannter oberländischer Bezirk) übertragen, insoweit nicht 
die Verwaltung den Gemeinden zusteht. Den Verwaltungsbehörden und Gemeinden steht 
das Polizeistrafandrohungsrecht bis 150 M., oder verhältnißmäßiger Haft- 
strafe zu; den Landgemeinden jedoch nur bis zu 15 M. oder entsprechender Haftstrafe. 
Die Anforderung von Haftstrafen (im Gegensatze von Androhung) kann nur von 
den Abtheilungen des Ministeriums und von den Landrathsämtern, und zwar nur bis zu 
14 Tagen Haft, die Anforderung von Geldstrafen kann von allen Polizeibehörden erfolgen. 
Gegen die Anforderung findet Provocation auf gerichtliche Entscheidung statt (Gesetz v. 
8. Juni 1864 und 22. Februar 1879). 
Für gewisse Verwaltungsangelegenheiten besteht in beiden Bezirken unter Vorsitz 
des Landrathes ein von den Gemeindevertretungen und von den Höchstbesteuerten gewählter 
Bezirksausschuß mit theils beschließender, theils berathender Competenz. 
Das Land bildet zusammen mit dem Neustädter Kreise des Großherzogthums Weimar 
den Bezirk eines Landgerichts, dessen Sitz in Gera ist. Das Landgericht steht unter dem 
Oberlandesgericht in Jena. Außerdem bildet Gera den Sitz für die Schwurgerichte des 
ersten Schwurgerichtsbezirks des Oberlandesgerichts, zu welchem Bezirke die Landgerichte 
Altenburg, Gera, Greiz, Rudolstadt und Weimar gehören. Die fünf Amtsgerichte des 
Landes üben zugleich die freiwillige Gerichtsbarkeit aus. Die Verwaltung ist von der 
Justiz vollständig getrennt. Das landesherrliche Dominial= und Fideicommißvermögen 
wird durch die „Fürstliche Kammer" in Schleiz verwaltet. Von der in § 17 des deutschen 
Gerichtsverfassungsgesetzes nachgelassenen Befugniß, einen Competenzgerichtshof zu errichten, 
ist kein Gebrauch gemacht. 
§ 5. Die Staatsdiener. Das Staatsdienstverhältniß wird nach dem Gesetze vom 
16. Juni 1853 durch das Anstellungsdecret, bei Subalternen durch das Rescript an die 
Dienstbehörde begründet. Die Staatsdiener werden mittelst Eides auf Treue und Ge- 
horsam gegen den Fürsten, auf Beobachtung der Verfassung und auf gewissenhafte Amts- 
führung, die richterlichen Beamten mittelst besonderen Richtereides, verpflichtet. 
Die bezüglich des Staatsdienstverhältnisses geltenden Vorschriften sind, abgesehen 
von den für richterliche Beamte geltenden reichsgesetzlichen Bestimmungen, im Wesentlichen 
folgende:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.