Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

24 Meyer, Das Staatsrecht des Großherzogthums Sachsen-Weimar-Eisenach. 8 10. 
Institut der Diöcesan= oder Bezirkssynoden ist der weimarischen Kirchenverfassung unbe- 
kannt. Die Verfassung der Landessynode beruht auf der Synodalordnung v. 29. März 1873 
mit Nachtrag vom 23. Dec. 1882. Dieselbe besteht aus: 1. vier vom Großherzog ernanten 
Mitgliedern, zwei weltlichen und zwei geistlichen, 2. einem Abgeordneten der theologischen 
Facultät der Universität Jena, 3. fünfzehn geistlichen und fünfzehn weltlichen Mitgliedern, welche 
von den Kirchengemeindevorständen gewählt werden. Die Synode hat diejenigen Befugnisse, 
welche regelmäßig den Landessynoden in Deutschland zustehen, insbesondere das Recht der 
Mitwirkung bei der kirchlichen Gesetzgebung. Zur Einführung neuer Formen des Gottesdien- 
stes, neuer Gesangbücher, Katechismen und Agenden kann keine Gemeinde gegen ihren Willen 
gezwungen werden. Für die Zeit, während welcher die Synode nicht versammelt ist, besteht ein 
ständiger Synodalausschuß, dessen Mitglieder bei wichtigeren Acten des Kirchenregi- 
mentes an den Berathungen und Beschlußfassungen des Kirchenrathes Theil zu nehmen haben. 
II. Die katholischen Gemeinden des Großherzogthums gehören dem Bisthum 
Fulda, also der oberrheinischen Kirchenprovinz an. Die Beziehungen der katholischen Kirche 
zum Staat sind durch das Gesetz über die Verhältnisse der katholischen Kirchen und Schulen 
v. 7. Oct. 1823 geregelt, welches durch Gesetz v. Gö. Mai 1857 in einigen Punkten abgeändert ist. 
Dasselbe entspricht dem Standpunkte, welchen die Kirchenpolitik der deutschen Staaten bis zum 
Anfang der vierziger Jahre einnahm. Es enthält ein System strenger Staatsaufsicht über 
die katholische Kirche. Die Ausübung der staatlichen Hoheitsrechte ist einer Immediat- 
commission für das katholische Kirchen= und Schulwesen übertragen. Das Placet besteht 
in dem Umfange, daß alle kirchlichen Anordnungen vor der Publikation der Staatsbehörde 
vorgelegt werden müssen und daß ihre Veröffentlichung, so fern sie nicht rein geistlichen, 
moralischen oder dogmatischen Inhalts sind, nur mit Genehmigung des Landesherrn statt- 
finden darf. Gegen alle Aeußerungen der geistlichen Gewalt findet ein Rekurs an den 
Landesherrn statt. Es besteht landesherrliches Patronatsrecht in ziemlich weitem Um- 
fange; so weit die Collatur der Pfründen dem Bischof zusteht, darf sie nur mit Zu- 
stimmung des Landesherrn erfolgen. Die Prozessionen sind sehr eingeschränkt und poli- 
zeiliche Maßregeln gegen dieselben ausdrücklich vorbehalten. Die kirchliche Vermögens- 
verwaltung ist einer weitgehenden staatlichen Aufsicht unterworfen. Die katholische Kirche 
hat sich diesen Vorschriften thatsächlich unterworfen, und zwischen den Organen derselben 
und der Staatsgewalt besteht in allen wesentlichen Punkten ein völliges Einvernehmen. 
§ 10. Die Universität Jena ). Die Universität Jena ist eine dem Großbherzog= 
thum Sachsen-Weimar und den drei sächsischen Herzogthümern gemeinsame Anstalt. Die 
eigenthümlichen Verhältnisse derselben lassen eine besondere Darstellung als wünschenswerth 
erscheinen. 
Der Plan der Gründung der Universität Jena entstand nach der wittenberger 
Kapitulation; die Absicht war, durch diese Gründung einen Ersatz für das verlorene 
Wittenberg zu gewinnen. Schon am 19. März 1548 erfolgte die Eröffnung der Anstalt, 
allerdings zunächst nur mit zwei Lehrern und einer geringen Anzahl von Schülern ). Im 
Laufe der nächsten Jahre wurden die Lehrkräfte mehr und mehr verstärkt und auch die Zahl 
der Studirenden erhielt einen ansehnlichen Zuwachs. Am 15. August 1557 ertheilte Ferdi- 
nand I. der Universität die kaiserlichen Privilegien"), und am 2. Febr. 1558 erfolgte die 
feierliche Eröffnung derselben als vollberechtigte Hochschule 0. 
1) Ausführliche Nachricht von dem gegenwärtigen Zustande der jenaischen Akademie. Jena 1751. 
A. L. C. Schmid, zuverläßiger Unterricht von der Verfassung der herzoglich sähsischen # 
akademie zu Jena, aus Acten und anderen Urkunden gezogen. Jena 1772. J. C. F. S warz, 
das erste Jahrzehnt der Universität Jena. Denkschrift zu ihrer dritten Säcularfeier. Jena 185 
2) Schwarz a. a. O. S. 27. 
3) Abgedruckt bei Schwarz a. a. O. S. 142 ff. 
4) Schwarz a. a. O. S. 90 ff.
	        
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