Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

32 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. 8 2. 
durch Tausch erworbenen Amte Schalkau die hauptsächlichsten Bestandtheile des jetzigen Kreises 
Sonneberg ausmachen und aus zwei Drittheilen des Amtes Römhild, jetzt zum Kreise Hildburg— 
hausen gehörig. Seinen jetzigen Umfang (von 44,83 geographischen Quadrat-Meilen oder 2468,41 
Quadrat-Kilometer) erreichte das Herzogthum erst durch den in Folge des Aussterbens der Spe- 
ciallinie Gotha-Altenburg (11. Febr. 1825) eingetretenen Länderanfall. Nach dem am 12. No- 
vember 1826 zwischen den damals noch bestehenden drei Speciallinien Meiningen, Hild- 
burghausen und Coburg-Saalfeld vereinbarten Theilungsvertrag fielen dem Herzog- 
thum Meiningen das ganze frühere Herzogthum Hildburghausen, alle Bestand theile des jetzigen 
Kreises Saalfeld, die auf dem linken Ufer der Steinach gelegenen Dörfer des Herzogthums Coburg, 
das Amt Themar und ein Drittheil des Amtes Römhild zu. Die Vereinigung des Herzogthums 
mit diesen Gebietstheilen zu einem organischen Ganzen war nicht ohne Schwierigkeit. Die aus 
dem Jahre 1824 stammende landständische Verfassuug des Herzogthums Meiningen wich in wesent- 
lichen Punkten von den Verfassungen der Herzogthümer Hildburghausen und Coburg-Saalfeld, ab; 
in Hildburgbausen hatten hinsichtlich des Eigenthums am Kammervermögen andere Grundsätze ge- 
golten, als in den beiden andern Ländern; gerade hieraus erwuchsen auch Hindernisse für die Re- 
gulirung der auf den einzelnen Gebietstheilen haftenden bezw. mit ihnen übernommenen Landes- 
und Kammerschulden. Es gelang jedoch, die Schwierigkeiten in glücklicher Weise zu lösen. 
Durch mehrere zu Anfang des Jahres 1829 erlassene Edicte wurde eine umfassende 
Neuorganisation der sämmtlichen Behörden vorgenommen und dabei die Justiz von der 
Verwaltung unter genauer Regelung der Competenzverhältnisse getrennt. Bald darauf 
gelangte das — abgesehen von einigen später erfolgten Abänderungen — noch heute gül- 
tige, die hauptsächlichste Quelle für das Staatsrecht des Herzogthums bildende Grund- 
gesetz für die vereinigte landschaftliche Verfassung des Herzogthums Sachsen-Meiningen 
vom 23. August 1829 zur Publication. Die Anforderungen, welche man gegenwärtig an 
einen Rechtsstaat stellt, wurden durch die erwähnten Edicte und das Grundgesetz im 
Wesentlichen schon damals erfüllt, und mit den nach den Vorschriften des letzteren ge- 
wählten Ständen wurden in den darauf folgenden Jahren die Finanzgesetze vereinbart, 
welche die Grundlage für die geordnete Finanzwirthschaft bildeten, deren sich das Herzog- 
thum seit jener Zeit stets erfreut hat. 
Das Grundgesetz, welches im weiteren Verlaufe der Darstellung der Kürze 
halber als Verf.-Urk. (Verfassungsurkunde) citirt werden wird, war vor seiner Publi- 
cation nur einem ständischen Ausschusse zur Begutachtung vorgelegt worden, da eine 
ständische Vertretung für das ganze Herzogthum noch nicht existirte. Die nach demselben 
neu gewählten Stände, welche den in der Ver.-Urk. vorgeschriebenen Eid auf letztere nur 
vorbehaltlich etwaiger, sich aus der Prüfung derselben als nothwendig ergebender Ab- 
änderungen geleistet hatten, gaben nachträglich ihre Zustimmung zu derselben, nachdem 
mit der Regierung eine Verständigung darüber erfolgt war, daß die Bestim mungen des 
Grundgesetzes über die Verwendung des Abwurfes des Domänenvermögens mittelst eines 
besonderen Gesetzes eine Abänderung erfuhren (vgl. unten § 11). 
Zweiter Abschnitt. 
Bie staatlichen Organe. 
§ 2. Das Staatsoberhaupt. I. Rechte und Pflichten. Der Herzog ist nach 
der Verf.-Urk. erblicher Landesherr oder Oberhaupt des Staates; in seiner Hand ver-
	        
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