Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

36 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. 83. 
der Hand des Herzoglichen Staatsministeriums; die früher bestandenen Mittelbehörden 
wurden durch die V.O. vom 14. September 1848 aufgehoben bezw. ihr Wirkungskreis 
mit dem des früheren Landesministeriums vereinigt. 
Das Staatsministerium zerfällt in folgende fünf Abtheilungen: 1. für die Ange- 
legenheiten des Herzoglichen Hauses und für die Verhältnisse zum Reich und zu anderen 
Staaten, 2. für die innere Verwaltung, 3. für die Justiz, 4. für Kirchen und Schulen- 
sachen, 5. für die Finanzen. " 
An der Spitze des Staatsministeriums steht der Minister, welchem als solchem die 
Leitung des Geschäftsganges im Ganzen und die Besorgung der Angelegenheiten der zu- 
gleich die vorgesetzte Dienstbehörde für sämmtliche Hofämter bildenden I. Abtheilung ob- 
liegt. Den übrigen Abtheilungen stehen Staatsräthe vor; es können jedoch mehrere Ab- 
theilungen in der Hand eines Staatsrathes vereinigt und der Minister kann gleichfalls 
Vorstand einer oder mehrer dieser übrigen Abtheilungen sein. Die jeweilige Vereinigung 
mehrerer Abtheilungen unter einem Vorstand wird durch Herzogliche Verordnung bestimmt. — 
Die Organisation der einzelnen Ministerialabtheilungen ist eine bureaukratische; 
denn jeder Abtheilungsvorstand führt die ihm anvertraute Verwaltung selbstständig unter 
seiner alleinigen Verantwortlichkeit; die vortragenden Räthe und Assessoren haben nur 
berathende Stimmen. — Beschränkt sind die Vorstände der unter 2. bis 5. aufgeführten 
Abtheilungen einerseits durch die dem Minister zustehende Oberaufsicht, andrerseits durch 
die dem Gesammtministerium zugewiesenen Functionen. 
Als Ausfluß der dem Minister zustehenden Controlle ist es anzusehen, daß sich die 
Abtheilungsvorstände mit ihm über alle in ihrem Ressort vorkommenden Stellenbesetzungen 
benehmen müssen, und Mangels Einigung die Entscheidung dem Gesammtministerium zu 
unterstellen ist. Das Gleiche soll vor dem Erlaß derjenigen von den Abtheilungsvor- 
ständen beschlossenen Maßregeln stattfinden, gegen welche der Minister Bedenken findet, 
ingleichen bei allen sonstigen Gegenständen, hinsichtlich deren ihm eine gemeinsame Be- 
rathung nützlich erscheint. Dem Minister steht ferner die Ueberwachung des gesammten 
Etats= und Rechnungswesens des Staatshaushaltes zu, welche er durch das ihm unmittel- 
bar unterstehende Revisionsbureau ausübt; ihm liegt die Mitzeichnung aller dem Landtag 
zu machenden Vorlagen und endlich die Verpflichtung ob, daüber zu wachen, daß in den 
einzelnen Abtheilungen ein prompter Geschäftsbetrieb gehandhabt wird. Den Wirkungs- 
kreis des gesammten Staatsministeriums bilden, abgesehen von den bereits erwähnten 
Gegenständen, alle neu zu erlassenden, abzuändernden oder aufzuhebenden Gesetze, Verord- 
nungen und Verwaltungsnormen, die Feststellung und Veränderung der Materialetats 
und Holzpreise für die Domänenwaldungen, diejenigen gleichzeitig dem Ressort verschie- 
dener Abtheilungen angehörigen Gegenstände, über welche sich die Vorstände nicht zu 
einigen vermögen, ferner diejenigen Sachen, welche von dem Herzog oder dem Minister 
dem Ministerium zur Berathung überwiesen werden oder welche die einzelnen Abtheilungs- 
vorstände darin zum Vortrag zu bringen selbst für nöthig erachten, endlich die Ent- 
scheidungen auf Recurse gegen Verfügungen der einzelnen Ab- 
theilungsvorstände. 
Ueber die Beschlußfassungen des Staatsministeriums bestehen verschiedene Bestim- 
mungen, je nachdem dieselben Entscheidungen auf Recurse oder die anderen zu seiner 
Competetenz gehörigen Gegenstände betreffen. In den letzteren entscheidet die Stimmen- 
mehrheit der bei diesen Berathungen überhaupt regelmäßig nur gegenwärtigen verant- 
wortlichen Mitglieder des Ministeriums, bei Stimmengleichheit die Stimme desjenigen 
Abtheilungsvorstandes, zu dessen Ressort die zu entscheidende Sache gehört. — Den über- 
stimmten Mitgliedern steht es frei, unter Abgabe eines Separatvotums zu den Akten die 
Verantwortlichkeit für den gefaßten Beschluß abzulehnen; ist der Abtheilungsvorstand
	        
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