Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

89. Die Justiz. 49 
lässigkeit des Rechtsweges. Ausdrücklich ist derselbe nach der Part.-Gesetzgebung ausge- 
schlossen bei Fragen über die Zweckmäßigkeit einer von der Verwaltungsbehörde innerhalb 
ihrer Competenz erlassenen Verfügung und über die Befugniß, solche zu treffen, über die 
Entrichtung öffentlicher Abgaben und anderer Leistungen für den Staat (mit der Be- 
schränkung, daß der Rechtsweg wegen Zurückforderung des Gezahlten zugelassen ist, wenn 
die Gesetzwidrigkeit der Abgabe überhaupt oder der individuellen Anforderung klägerischer- 
seits behauptet wird), ferner über die Höhe oder den Mangel der Entschädigung bei ge- 
setzlich erfolgter Aufhebung von Privilegien, Monopolen u. a. dergl. Rechten, endlich 
über die Art der Aufbringung von Leistungen zu Gemeindezwecken, insofern nicht von 
einzelnen Mitgliedern oder Klassen der Gemeinde statutarische oder vertragsmäßige Rechte 
behauptet werden. . 
b) Das Herzogthum bildet zusammen mit dem Großherzogthum S.-Weimar, den 
Herzogthümern S.-Coburg-Gotha und Altenburg, dem Fürstenthum Schwarzburg-Rudol- 
stadt, den beiden Reußischen Fürstenthümern und den drei preußischen Kreisen Schleusingen, 
Schmalkalden und Ziegenrück den Bezirk des Oberlandesgerichtes zu Jena 
auf Grund eines nicht vor dem 1. Oktober 1904, von da ab mit zweijähriger Kündi- 
gungsfrist künd aren Staatsvertrages. Preußen besetzt an diesem Gerichte zwei Richter- 
stellen, hat dagegen auf eine Mitwirkung bei Besetzung der übrigen Stellen verzichtet; 
letztere erfolgt von der Gesammtheit der übrigen bei dem Gerichte betheiligten Staaten. 
Sämmtliche an dem Oberlandesgericht angestellte Beamten werden durch ihre Anstellung 
Staatsangehörige sämmtlicher bei demselben betheiligter Staaten; sie sind den 
Gesetzen des Großherzogthums S.-Weimar überhaupt, namentlich auch denjenigen, welche 
sich auf den Civilstaatsdienst beziehen, unterworfen. Die Aufsicht über das O. L. Gericht 
steht der Gesammtheit der Staaten zu; der hierdurch bedingte Geschäftsverkehr wird 
durch S.-Weimar vermittelt. Die zur Unterhaltung des Gerichtes von den einzelnen 
Staaten zu leistenden Zuschüsse richten sich nach dem Verhältniß der Bevölkerung der in 
Betracht kommenden Gebiete. Nach diesem Verhältniß sollen auch etwaige durch das 
O.L.Gericht oder dessen Beamte verursachte Schäden, soweit eine rechtliche Nothwendigkeit 
dazu vorliegt, von den betheiligten Staaten getragen werden. 
Jc) Auf Grund eines auf gleiche Zeitdauer abgeschlossenen Staatsvertrages sind für 
den ganzen O.L. Gerichtsbezirk die Geschworenengerichte gemeinsam; der letztere 
zerfällt in die beiden Geschworenengerichtsbezirke Meiningen (umfassend die Landgerichtsbe- 
zirke Meiningen, Eisenach und Gotha) und Gera (bestehend aus den Landgerichtsbezirken 
Rudolstadt, Weimar, Altenburg, Gera und Greiz). 
d) Die Kreise Meiningen, Hildburghausen und Sonneberg sind mit den beiden 
preußischen Kreisen Schleusingen und Schmalkalden und mit dem Herzogthum Coburg 
(ohne Gotha) zu einem gemeinschaftlichen Landgericht mit dem Sitz in Meiningen 
und der Kreis Saalfeld mit dem preußischen Kreise Ziegenrück und dem Fürstenhum 
Rudolstadt zu einem gemeinschaftlichen Landgericht mit dem Sitz in Rudolstadt ver- 
einigt. Die beiden ihrem wesentlichen Inhalte nach übereinstimmenden Staatsverträge, 
auf welchen die Existenz dieser gemeinschaftlichen Gerichte beruht, sind nicht vor dem 
1. October 1904, von da an aber mit zweijähriger Kündigungsfrist kündbar; in den- 
selben ist festgesetzt, welche Stellen von den einzelnen Staaten zu besetzen sind. Die Er- 
nennung erfolgt von der betr. Staatsregierung nach vorgängiger Verständigung mit den 
übrigen Regierungen zugleich in deren Namen. Die an den Landgerichten angestellten 
Beamten sind den Gesetzen desjenigen Staates unterworfen, in welchem das Landgericht 
seinen Sitz hat. Etwaige nach Abschluß der beiden Staatsverträge in diesen Staaten 
ergehende Gesetze, welche die auf dem Dienstverband beruhenden Rechtsverhältnisse der 
Landgerichtsbeamten berühren, finden auf letztere nur insoweit Anwendung, als sie die 
Handbuch des Oeffentlichen Rechts. III. 2. 11. 4
	        
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