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(namentlich von der nicht streitigen Gerichtsbarkeit) und der Hälfte der jährlichen Domänen=
überschüsse bestehen. Direkte Steuern sind die ganz nach preußischen Grundsätzen veran-
lagte, aber nicht contingetirte Grundsteuer, die ebenso veranlagte Gebäudesteuer,
die Klassen= und Einkommensteuer und die Erbschaftssteuer; eine besondere
Gewerbesteuer besteht nicht. Auch die Bestimmungen über die Höhe und die Veranlagung
der Klassen= und Einkommensteuer entsprechen im Wesentlichen den hierüber in Prenßen
geltenden Vorschriften. Nur erstreckt sich die Klassensteuer auf jedes Jahres-Einkommen
bis zum Betrag von 3000 M., während die Verpflichtung zur Zahlung dieser Steuer
in Preußen erst mit einem Jahreseinkommen von 900 M. beginnt. Auch sind die Ab-
stufungen der nicht progressiven, je drei Procent des Jahreseinkommens repräsentirenden
Einkommensteuersätze bei den den Betrag von 6000 M. übersteigenden Einkommen niedriger
als in Preußen. Abweichend von der preußischen Gesetzgebung ist ferner das den Einkommen-
pflichtigen zustehende Recht der Declaration ihres Jahreseinkommens, auf Grund welcher
die Einschätzung zu erfolgen hat, wenn nicht dringende, dem Declaranten vorher zur
Aeußerung mitzutheilende Gründe vorliegen, welche die Declaration als unrichtig erscheinen
lassen, ferner die Bestimmung, daß diejenigen Einkommensteuerpflichtigen, welche entweder
falsch deklarirt, oder — ohne vorausgegangene Declaration — bei zu niedrig erfolgter
Einschätzung ihres Jahreseinkommens nicht innerhalb vierzehn Tagen hiervon Anzeige machen,
den vierfachen Jahresbetrag der Steuer, um welche der Staat verkürzt werden sollte, als
Strafe zu zahlen haben. — Die Einschätzung erfolgt in jedem Kreise durch eine Ein-
schätzungskommission, welche gebildet wird aus dem Landrath, den (ersten) Bürgermeistern
der Städte und aus Steuerpflichtigen, deren Wahl dem Kreisausschuß obliegt. Gegen
die Einschätzung steht den Steuerpflichtigen und dem Vertreter des Fiskus das Recht des
Recurses an die endgültig entscheidende Recurskommission zu, welche aus einem Regie-
rungskommissar als Vorsitzenden und neun Steuerpflichtigen alljährlich gebildet wird.
Seit dem Beginne der Finanzperiode 1884/86 gelangt die unterste Stufe 1a der
Klassensteuer (Jahresbetrag 1 M. 44 Pf.) nicht, die Stufe 10 (Jahresbetrag 3 M.) nur
zur Hälfte und die Stufe lc (Jahresbetrag 4 M. 44 Pf.) zu zwei Drittheilen zur Hebung
für die Staatskasse. — Auf die Erhebung der Gemeindeumlagen hat diese Bestimmung
des neuesten Finanzgesetzes keinen Einfluß. —
Die Erbschaftssteuer ist von jeder aus Veranlassung des Todes eines
Staatsangehörigen oder eines mit Grundstücken im Herzogthum angesessenen Ausländers
erfolgenden Uebertragung von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen auf Seitenver-
wandte oder nicht verwandte Personen zu zahlen. Die zu entrichtende Abgabe beträgt
je nach der größeren oder geringeren Nähe der Verwandtschaft oder deren Fehlen in 3,
6 und 9 Prozent des Betrages, um welchen der Steuerpflichtige durch den Vermögens-
anfall wirklich reicher geworden ist. — Zwei Drittheile der Abgaben fließen zur Staats-
kasse, ein Drittel zur Gemeindekasse des Wohnorts des Erblassers. Außer Descendenten
und Ascendenten sind auch die einander beerbenden Ehegatten von der Abgabe befreit.
Die Feststellung der Erbschaftssteuer erfolgt durch die Finanzabtheilung des Staatsminist.;
gegen deren Entscheidung ist blos Recurs an das Staatsminist. zulässig.
Der Staat in seiner vermögensrechtlichen Beziehung wird als Landesfiskus
bezeichnet, zum Unterschied von dem Domänenfiskus, dessen Substrat das ganze
Domänenvermögen bildet; für Beide ist die Finanzabtheilung des Staatsministeriums der
gesetzliche Vertreter.
Die finanzpolitische Seite der Finanzverwaltung, d. h. der Einfluß der Landes-
vertretung auf dieselbe ist durch das Gesetz vom 9. Juli 1879 grundsätzlich geregelt; die
nachstehenden Bestimmungen desselben dürften von allgemeinerem Interesse sein.
Der für die Einnahmen und Ausgaben maßgebende, für Domänen= und Landeskasse