Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band III.2.2. Das Staatsrecht der Thüringischen Staaten. (6)

60 Kircher, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Meiningen. "6 § 11. 
sitz und Activcapitalien, die Schatullgüter und Schlösser; die übrigen Bestandtheile sind als ein dem 
Herzogthum zugehöriges Staatsgut zu betrachten. 
In dem Vergleichstermin (27. Jan. 1869) konnte zwar der Natur der Sache nach eine Verein 
barung nicht sofort zu Stande kommen. Die Verhandlungen in demselben, welchen außergericht- 
liche Einigungsversuche vorausgingen und nachfolgten, trugen jedoch wesentlich zur Herbeiführung 
dieses Zieles bei, welches in Folge des sowohl bei dem regierenden Herzog als bei dem Landtage 
vorhandenen ernsten Willens, den langjährigen Streit zu beseitigen, im Jahre 1871 erreicht wurde. 
Das Schiedsgericht hatte durch seinen Vorschlag gezeigt, daß der Schwerpunkt der Domänen= 
frage nicht in der durch die Ges. von 1849 und 1854 in den Vordergrund gestellten Eigenthums- 
frage, sondern in der Anerkennung der Verpflichtung des Dom. Vermögens liege, zur Bestreitung 
der Bedürfnisse des herzogl. Hofes und zur Deckung der Staatsbedürfnisse gleichmäßig beizutragen. 
Das den Vergleich über die Domänenfrage enthaltende Gesetz vom 20. Juli 1871 
hat denselben Weg betreten. An der Spitze desselben befindet sich der Satz, daß das 
gesammte Domänenvermögen ohne Unterschied seiner Entstehung 
und seines Erwerbes und unbeschadet seiner staatsrechtlichen 
Eigenschaft, wonach es theils als fideikommissarisches Eigen- 
thum des Herzoglichen Hauses, theils als Landeseigenthum in 
Anspruch genommen würde, bestimmt sei und die Verpfichtung 
habe, den Aufwand für den herzoglichen Hof, die herzogliche Fa- 
milie und den gesammten herzoglichen Haushalt zu bestreiten und 
einen Theil des Ertrages zur Deckung der Staatsbedürfnisse zu 
gewähren. Die in dem Gesetz auf 230 000 Gulden fixirte Summe für den jährlichen 
Gesammtaufwand des Herzoglichen Hauses darf ohne Zustimmung des Landtages nicht 
erhöht und ohne Zustimmung des Herzogs nicht vermindert werden. Die nach Abzug 
dieser Renten, sowie der auf dem Domänenvermögen haftenden Lasten und Administrations- 
kosten verbleibenden Ueberschüsse gehören zur Hälfte dem Herzog, zur Hälfte der Staats- 
kasse. Zu freiwilligen Veräußerungen und zu Erwerbungen, insofern sie den Betrag von 
5000 Gulden übersteigen, zur Aufnahme von Schulden und zur Feststellung des Domänen= 
etats ist die Zustimmung des Landtages nothwendig. — Diese Bestimmungen sollen so- 
lange in Kraft bleiben, als das Sachsen-Meiningensche Specialhaus bezüglich das S.Goth. 
Gesammthaus die Regierung des Herzogthums fortführt. Sollte diese aus irgend einem 
Grunde hinwegfallen (Mediatisirung), so tritt eine Theilung des Domänenvermögens der- 
gestalt ein, daß drei Fünftheile dem Meiningenschen Specialhause als dessen 
Fideikommissarisches Privateigenthum und zwei Fünftheile dem Herzogthum als 
Landeseigenthum überwiesen werden. Diejenigen Immobilien, welche bei einer 
solchen Theilung dem Lande zufallen, bleiben demselben als eigenes Landesvermögen, 
dessen Abwurf zur besonderen Landes-(Provinzial= oder Kreis-) Verwaltung zu ver- 
wenden ist. 
Ueber die Art und Weise, wie bei dieser Theilung zu verfahren ist, enthält das Ge- 
setz einige allgemeine Vorschriften; dasselbe bestimmt auch, daß die Theilung ohne die obige 
Voraussetzung auf Antrag des Herzogs oder der Landesvertretung vorgenommen werden 
muß, daß sie jedoch rechtliche Wirkung erst mit dem Eintritt jener Voraussetzung äußert; 
in den Grundbüchern ist auf Grund des Resultates der Theilung bei den einzelnen Be- 
standtheilen des Dom.-Vermögens vorzumerken, daß sie mit dem Eintritt der gedachten 
Voraussetzung alsbald in das fideicommissarische Eigenthum des herzogl. Hauses oder 
in das Eigenthum des Landes treten. — Bis jetzt ist weder von dem Herzog noch von 
der Landesvertretung die Vornahme der Theilung beansprucht worden. 
Mit dem Zustandekommen des Ges. vom 20. Juli 1871 war der Friede zwischen 
Regierung und Landesvertretung wieder hergestellt. Die Hoffnung, daß er ein dauern- 
der sein werde, stützt sich auf die Erwägung, daß dies Gesetz in richtiger Würdigung der
	        
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