§ 2. Das Staatsoberhaupt. 69
Für das Gothaische Gesammthaus ist durch den Römhilder Rezeß vom 28. Juli 1791 für
den Fall des Aussterbens einer Speciallinie die successio linealis in stirpes festgestellt.
Im Uebrigen sind die Successionsfragen sowohl in der Gothaischen Hauptlinie des erne-
stinischen Stammes, als zwischen den beiden Linien Weimar und Gotha wie mit dem Hause
Sachsen vielfach bestritten.
ef. Historische Entwickelung der im Herzoglichen Hause Sachsen beobachteten Grundsätze
der Erbfolge unter Seitenverwandten. Gotha 1826.
Ueber die Stellung, welche das neuere deutsche Staatsrecht zu den patrimonialen und
feudalen Anschauungen, welche den früheren Successionsverträgen zu Grunde liegen, nimmt,
vergleiche
8 Lehrbuch des deutschen Staatsrechts von Schulze Bd. 1 S. 208 f. 232 f.
Nach Aussterben des Mannesstammes im Gesammthause Sachsen würde auf Grund von
Erbverbrüderungen das Haus Hessen succediren.
Die Abstammung des Thronfolgers hat nicht blos eine leibliche, sondern auch eine
gesetzmäßige zu sein, mithin aus rechtmäßiger und, nach altem Herkommen der deutschen
Fürstenhäuser, ebenbürtiger, vom Regenten genehmigter Ehe. — Jedes Mitglied des her-
zoglichen Hauses bedarf zur Eheschließung der Einwilligung des Familienoberhauptes.
Ohne solche sind Eheverträge nichtig, Gattin und Kinder werden nicht Glieder des her-
zogl. Hauses, erwerben mithin nicht Stand, Titel und Wappen und haben nur ein Ali-
mentationsrecht, sowie ein beschränktes Erbrecht am Privatvermögen des Verstorbenen.
(Grundges. §§. 13. 28.)
Die Führung der standesamtlichen Geschäfte für das herzogl. Haus ist durch Erlaß
vom 16. December 1875 dem Hausminister übertragen.
Die Konfession bildet kein Hinderniß der Thronfolge. Falls der Regent nicht evan-
gelischer Konfession ist, werden die Kirchenhoheitsrechte einem evangelischen Ministerium
übertragen. (Grundges. § 130.)
Ueber Ausschließung von der Thronfolge auf Grund schwerer körperlicher oder gei-
stiger Gebrechen enthält die Verfassung keine Bestimmung. "
Nach erledigtem Throne tritt der Nachfolger, ohne besondere Verfassungsvorschrift,
nach dem Wesen der deutschen Erbmonarchie sofort die Regierung an. Es ist üblich, daß
der neuantretende Monarch seinen Regierungsantritt durch eine öffentliche Antrittserklärung
kund thut. (Erklärungen v. 15. November 1826, 29. September 1834, 30. November
1848 und 3. August 1853.) Die Regierungshandlungen der Vorgänger sind für ihn bin-
dend, soweit sie verfassungsmäßig und hausgesetzlich sind. (Grundges. § 13.)
In das Privatvermögen des Regenten, welches nach privatrechtlichen Grundsätzen
zu beurtheilen ist, findet auch die Erbfolge in Gemäßheit der landesgesetzlichen Bestim-
mungen statt. (Grundgesetz § 22.)
Für die Regierungsfähigkeit ist Volljährigkeit erforderlich. Der Volljährigkeitster-
min für den Herzog und sämmtliche Prinzen des herzoglichen Hauses ist das vollendete
21. Lebensjahr. Nach vollendetem 18. Lebensjahre kann indeß der Herzog unter Zu-
stimmung der bisherigen Vormundschaft und Regentschaft von dem an Jahren ältesten re-
gierenden Herrn des Sächsischen Gesammthauses für großjährig erklärt werden. Des-
gleichen kann er den Prinzen des Hauses von gleichem Alter an auf Ersuchen des Vormunds die
Großzjährigkeit ertheilen. (Grundgesetz § 15.) — Die Verfassung verordnet nur für den
Fall der Minderjährigkeit eine Regentschaft und verbindet sie mit der Vormundschaft.
Zunächst sollen hierüber die von dem verstorbenen Regenten getroffenen Bestimmungen
maßgebend sein. Sind dergleichen nicht vorhanden, so hat die leibliche Mutter und wenn
diese sich nicht mehr am Leben befindet oder anderweit vermählt ist, nach den Grund-
sätzen des Seniorats der den Jahren nach älteste Prinz unter den Agnaten im herzogl.
Hause und wenn ein solcher nicht vorhanden ist, der älteste regierende Herr im Gesammt-
hause Gothaischer Linie Vormundschaft und Regentschaft zu führen. (Grundges. § 16.)
Die Vormundschaft ist in allen Regierungsangelegenheiten an den Beirath eines Regent-