84. Die Staatsdiener. 73
soweit nicht in einzelnen Fällen Ausnahmen vereinbart worden sind. (Regulativ vom 9.
Januar 1858.)
Die Lebenslänglichkeit der Anstellung ist nicht wesentlich. Letztere kann auf Zeit
und widerruflich erfolgen. Doch soll für dauernde Aemter, welche wissenschaftliche oder
höhere technische Bildung erfordern, die Anstellung in der Regel unwiderruflich geschehen.
Auch die nicht unwiderruflich angestellten Staatsdiener sind Staatsdiener in vollem Um-
fange und soll nach zwanzigjährigen treuen Diensten die Umwandlung der Anstellung in
eine unwiderrufliche nicht versagt werden. Unwiderruflich angestellte Beamte, wenn sie
nicht vor ihrem Eintritte in den Staatsdienst bereits eine lebenslängliche Anstellung hatten,
und Richter ausgenommen (Ger.Verf.Ges. 8 6), können in den ersten 3, ausnahmsweise
5 Jahren, ohne Anspruch auf Gehalt unfreiwillig aus dem Staatsdienste entlassen werden.
Der Staatsdienst wird als Souveränitätsakt des Landesherrn betrachtet, womit
der ausdrückliche Ausschluß des Rechtswegs für bestimmte Fälle (Ges. v. 8. Oktober 1861
§ 43) zusammenhängt. Der Landesherr ernennt die Staatsdiener (Grundges. § 61).
Der „Dienstverband“ wird durch das Anstellungs-Dekret oder Rescript und durch dessen
Empfangnahme Seitens des Angestellten oder die Eröffnung begründet. Als Anstellungs-
behörde gilt für alle durch landesherrliches Dekret Angestellten das Gesammtministerium.
Geburt und Stand und reichsgesetzlich auch Confession schließen nicht aus.
Jeder Anstellung haben eine ordnungsmäßige Prüfung der Kenntnisse und eine Er-
mittelung der sonstigen Fähigkeiten vorauszugehen. Für eine Mehrzahl der Branchen des
Civildienstes ist diese Prüfung durch besondere Verordnungen geregelt. (Durch Verordn.
v. 31. Mai 1880 für den höheren Justizdienst, durch dergleichen vom 12. September 1864
für den Forstdienst, durch normative Ministerialbeschlüsse für den Dienst in der Finanz-
verwaltung, insbesondere den Steueraufsichtsdienst.) Außer dem Vollbesitze der bürger-
lichen Ehre (Reichs. Straf. Ges. § 31. 33) ist ein ehrenhafter Lebenswandel Anstellungsbe-
dingung.
Alle Staatsdiener, welche öffentliche Einnahmen zu verwalten haben, haben Kaution
zu bestellen. Die Nichtbestellung ist als auflösende Bedingung des Dienstverbandes anzu-
sehen. Die Kautionen sind spätestens binnen einem Jahre nach geschehener Rechnungs-
legung zurückzugeben. (Ges. v. 8. Oktober 1861 § 5. 7. 9.)
Das Beamtenverhältniß mit seinen Rechten und Verpflichtungen beginnt mit dem
Amtsantritte, der Eintritt in das Diensteinkommen, falls nichts Anderes bestimmt ist, am
ersten Tage des auf die Verpflichtung folgenden Kalendervierteljahrs, oder Monats, falls
die Besoldung monatlich gezahlt wird, die Benutzung der Dienstgrundstücke ausgenommen,
welche erst nach Verfluß der dem Vorgänger oder dessen Erben eingeräumten gesetzlichen
Frist übergeben werden. (Ges. v. 8.Okt. 1865 8§ 6. 20. 21. 22.)
Eidliche Verpflichtung auf die Verfassung, bei bereits angestellten Staatsdienern im
Falle der Versetzung Handgelöbniß unter Verweisung auf die frühere Verpflichtung, ist
vorgeschrieben.
II. Pflichten und Beschränkungen. Jeder Staatsdiener ist zu besonderer
Treue und Gehorsam gegen den Landesherrn verpflichtet und soll alle Zeit das Wohl
des Staats innerhalb seines engeren wie weiteren Berufskreises im Auge behalten und
nach Kräften fördern. Er ist zu einem achtungswürdigen Verhalten in und außer dem
Amte (ehrenhafter und würdiger Lebenswandel, seiner Stellung angemessenes Benehmen
gegen seine Mitbeamten und das mit ihm amtlich verkehrende Publikum), sowie zur ge-
wissenhaften und fleißigen Ausübung aller ihm obliegenden Funktionen verbunden. Die
Pflichten bestimmen sich in der Regel durch besondere Instruktionen, außerdem durch die
Gesetze und Natur und Aufgabe des Amtes.
Er hat sich Nebenaufträgen, welche seiner Leistungsfähigkeit angemessen sind und