82 Sonnenkalb, Das Staatsrecht des Herzogthums Sachsen-Altenburg. 5.
mäßige Grundrecht ist durch das Bundesgesetz vom 4. Mai 1868 und das Reichsgesetz v.
6. Februar 1875 § 28 u. f. erheblich erweitert worden.
1) Recht der Beschwerdeführung. Die Beschwerdeführung bei der unmittelbar vor-
gesetzten Behörde und zuletzt bei dem Landesherrn setzt ein gesetz= und ordnungswidriges
Verfahren einer Behörde oder die Verzögerung einer Entscheidung voraus und hat auch
im Falle der Ungegründetheit, außer bei offenbarem Mißbrauch der Beschwerdeführung,
keine Kostengeltung zur Folge. Vielmehr soll der Beschwerdeführer durch Anführung der
Gegengründe belehrt werden.
k) Recht, sich der Druckpresse zu bedienen. An Stelle des als Landesgesetz publi-
zirten Bundesbeschlusses vom 6. Juli 1854 (Verordnung vom 1. März 1855) ist das
Reichspreßgesetz v. 7. Mai 1874 getreten.
1) Versorgung bei Hilfsbedürftigkeit. Die Unterstützungsfrage, soweit sie nicht auf
privatrechtlichem Titel fußt, ist als Consequenz der Freizügigkeits= und Niederlassungs-Gesetz-
gebung durch die Reichsgesetzgebung geordnet worden. Die Obliegenheiten des Land-
armenverbands hat der Staat übernommen. (Ges. v. 8. Juni 1871.)
m) Recht der Auswanderung. Auch die Auswanderung und die Frage über den
Verlust der Staatsangehörigkeit gehören dem Gebiete der Reichsgesetzgebung an. (Bun-
desges. v. 1. Juni 1870.)
IV. Ständewesen. Die Verfassung kennt vor dem Gesetz keinen Unterschied der
Stände. Die Geburt entzieht nicht die Anwartschaft auf Staats-, Kirchen= und Schul-
dienst und die steuerliche Belastung Aller soll eine gleichmäßige sein. Der Bauernstand
ist nur noch ein historischer Begriff. Cin geburtsständischer Unterschied zwischen Bürger-
und Bauernstand existirt nicht mehr. In der Dorfgemeindeordnung wird der Bauernstand
von dem der anderen Bewohner nicht mehr unterschieden. Schon die im Grundgesetze vom
29. April 1831 erwähnten bäuerlichen Abgeordneten waren nicht Vertreter des Bauern-
standes, sondern der Bewohner von Marktflecken und des platten Landes und brauchten
ein bäuerliches Gut nicht zu besitzen (Grundgesetz § 190). Die Gesetzgebung unterscheidet
nur noch zwischen den Bewohnern der Städte und des platten Landes.
Auch der Stand der Rittergutsbesitzer, der in Wirklichkeit nur eine Klasse von
Grundbesitzern war, und lediglich als Grundbesitzer, nicht geburtsständig, bestimmte poli-
tische Rechte ausübte, ist in die allgemeine Gleichheit eingetreten und genießt blos da eine
größere Summe von Rechten, wo sie die Gesetzgebung einem größeren Grundbesitze oder
Einkommen und in Folge dessen einem größeren Beitrage zu den Staats= oder Gemeinde-
lasten zugesteht.
Nur die Mitglieder des regierenden Fürstenhauses und die ehemals reichsunmittel-
baren reichsständisch-landesherrlichen Häuser, die s.g. Mediatisirten, bilden durch Geburt
eine Ausnahme von der sonstigen staatsbürgerlichen Gleichberechtigung.
V. Die Mitglieder des regierenden Hauses. In Uebereinstimmung
mit allen Hausgesetzen werden die Gemahlin des regierenden Herrn, sowie dessen Wittwe,
sämmtliche Prinzen und Prinzessinnen, welche aus gesetzmäßigen (mit Genehmigung des
regierenden Herrn abgeschlossenen) Ehen durch rechtmäßige Geburt in männlicher Linie
von dem ersten Erwerber der Krone abstammen und die Gemahlinnen und Wittwen der
Prinzen aus einer vom regierenden Herrn genehmigten Ehe zum regierenden Hause gezählt.
Die Prinzessinnen des Hauses wie die Wittwen verstorbener Prinzen treten durch
eine mit Genehmigung des regierenden Herrn geschlossene Vermählung mit Nichtmitgliedern
des Hauses aus dem Verband des regierenden Hauses aus.
Die Familien-Verhältnisse im Allgemeinen, soweit nicht verfassungsmäßige die Stelle
eines Hausgesetzes vertretende Bestimmungen vorhanden sind, beurtheilen sich nach deutschem
Privatfürstenrechte. Jedenfalls sind alle Mitglieder der Familiengewalt des regierenden