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Im Finanzwesen bildeten sich umfassende Systeme der
directen und indirecten Steuern; — die Interessen der
Landwirthschaft, der technischen Gewerbe und des Han—
dels wurden unter der neuen Benennung der staats—
wirthschaftlichen Interessen den Staatsregie—
rungen immer wichtiger, und mit den innern und aͤußern
Angelegenheiten der Staaten verflochten. Allgemein drang
die Ueberzeugung durch, daß nicht blos einzelne, son-
dern alle diese Staatsinteressen umfaßt und ihre Forde—
rungen gleichheitlich befriedigt werden müssen. Aber
bey der Wahl der Mittel erhoben sich Schwierigkeiten
und Collisionen; — die Ansichten waren getheilt; — die
Versuche zur Ausführung dieser Aufgaben in allen Staa-
ten verschieden und mehr oder weniger glücklich. Fast
überall mußten aber die Zolle dabey eine besondere
Rolle spielen. Man glaubte in den Zdllen das Mittel
zu haben, welches allen diesen Staatsinteressen entsprechen
und alle Forderungen der Producenten und Consumenten
im Staate befriedigen könnte, und gebrauchte sie auch
überall, oft aus Irrwahn, oft aus bloßem Vorwande, zu
allen diesen heterogenen Zwecken. Die großen Staaten
Enropens waren die Vorgänger, die kleinern Staaten ihre
Nachahmer. Man hielt die Jolle für ein Universalmirtel,
welches auch bey der größten Ungleichheit der physischen
und politischen Verhältnisse in jedem Staate dieselben Wir-
kungen hervorbringen könne. So einen unnatürlichen, ge-
zwungenen Zustand können große Staaten mit den man-
nigfaltigsten Hülfsmitteln im Innern leichter ertragen,
als die kleinern Staaten, welche das Ausland nicht so
leicht entbehren kddunen. Zu einem erkünstelten und er-
zwungenen Fabriken= und Handelszustand sind allerdings
auch noch die Zdlle als ein Mittel zu gebrauchen, wenn
man ihre natürliche Stellung verkehren will, und ihnen
durch Einfuhrverbothe, durch großen Geldreichthum und
Welthandel zu Hülfe kommen kann. Wo aber diese großen