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Der Unbefangene kann es nur als eine verunglückte
Idee erkennen, wenn Bapern durch seine Zolltarife sich
zu einem Fabrikstaat in der Handelswelt zu erheben
wünscht, und dieses zu erreichen hofft. Ich bin ein war-
mer Freund des gesammten Gewerbswesens im Staate,
ich weiß seinen hohen Werth zu schätzen und den Ver-
lust eines Landes zu bedauern, welches zu großen Man-
gel an Gewerben hat, und darum zu ouurl entbehren oder
zu viele Kunstproducte vom Auslande beziehen muß; ich
weiß auch zu unterscheiden, was einzelne Fabriken,
die nur Taglöhner in ihrem Solde haben, dem Staate
sind, im Vergleiche mit dem Gewerbswesen, welches sich
über das ganze Land in selbstständigen, wenn gleich
kleinern, Werkstätten und Fäbrikanten und Handwerkern ver-
theilt. Beyde sind aber nur wünschenöwerth, wenn sie
am rechten Orte und unter den rechten Verhältnissen be-
stehen. Wenn sie aber in Bapyern nur durch den Jollta-
rif und auf Kosten des Landbaues und aller Consumen=
ten erzwungen werden sollen, wenn, was dieser Gewerbs-
stand gewinnen soll, der Landbau, der Handel und alle
Consumenten verlieren müssen, dann kann gewiß mit die-
seem Tausche, wo man dem einen nimmt, was man dem
andern gibt, für das Gesammtwohl Bayerns nichts ge-
wonnen werden.
Der Landbau ist und bleibt der natürlichste und frucht-
barste Zweig der Industrie in Bayern. Er verdient also
auch, wenn von Begünstigung und Unterstützung die Rede
seyn darf, beyde vor allen übrigen Industriezweigen; er
bedarf sie auch, denn es ist in Bayerns Landbau noch
sehr viel zu thun übrig, und sicherer auöführbar, als in
seinem Gewerbswesen. Jede Begünstigung des Gewerbs-
wesens durch Zollsätze auf Kosten des Landbaues wäre
also offenbar die größte Sünde gegen Bayerns National-
wirthschaft.