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Mit der Krone Würtemberg wurde auf den Grund
des Zolltarifs von 1820 der Handels= und Jollvertrag ab-
geschlossen; wollten wir nun mit einem geriugeren Tarife
auftreten, wodurch auch Würtemberg eine bedeutende jähr-
liche Mindereinnahme haben würde, so glaube ich, wird
dieser Staat Anstand nehmen, den Vertrag zu erfüllen.
Ich glaube vielmehr, daß derselbe nach Recht und Billig-
keit denjenigen Tarif reclamiren würde, der dem früher
abgeschlossenen Vertrage zu Grunde gelegt wurde. Ich bitte
die hohe Kammer, diesen Umstand mit aller Weisheit und
Umsicht zu prüfen.
Man will von mehreren Seiten geringe Jollsätze, ja
Bapern als einen Frephafen erklären und keine Retor-
sionsmaßregeln gegen die uns umgebenden Länder ergrei-
fen. — Vieles ist darüber für und gegen gesprochen,
daher kein Wort weiter darüber von mir; — nur bitte
ich einen Blick auf Bayern zu werfen, und ein trauri-
ges, sehr trauriges Bild wird sich diesem Blicke entge-
genstellen!
Wir haben viele arbeitenden Hände, aber keinen Ver-
dienst; ja, meine Herren, man kann ein ganzes Dorf
durchsuchen und nicht ein preußischer Thaler ist aufzufin-
den. Wie weit wir mit unserer frühern christlichen Liebe
gekommen sind, unsere Nachbarn großmüthig zu behan-
deln, die uns dagegen stiefmuütterlich behandelten, mögen
uns selbst die inländischen Zeitungsblätter lehren, wo
sehr häufig Auswanderungen bayerischer Unterthanen an-
gezeigt werden.
Erst vor einigen Tagen las man in einem hiesi-
gen Blatte, daß in Bremen vierzig bayerische Fa-
milien, die nach Brasilien auswandern wollen, an-
gehalten wurden, weil sie, von Allem entbloßt, die
Ueberfahrtskosten nicht bestreiten konnten, und daher im