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Strafen setzen, heißt sich selber und Andere betrügen,
oder verkehrterweise die Hände in Unschuld waschen, wenn
man zuvor eine Ungerechtigkeit begangen und also eine
Schuld auf sich geladen hat.
Der Staat ist Gottes Anordnung, und daher Got-
tes Geboth, der Obrigkeit zu gehorchen; aber der Staat
ist auch verpflichtet, die Ordnung Gottes zu ehren; er
darf diese höchste und wichtigste Aufgabe nicht andern
Zwecken, die im Vergleich mit ihr immer untergeordnet-
und im Gegensatze zu ihr verwerflich, verkehrt und nich-
tig sind, nachsetzen; ja es muß jeder, der der Ordnung
Gottes widerstreben will, eben so unvern#nftig als ver-
geblich und also unklug handeln. Wie der einzelne Mensch
nur dadurch über die Gemeinheit, zur Bildung und Er-
kenntniß, zur Richtigkeit der Gesinnung und zur Wür#e
erhoben wird, daß er, nicht dem bloßen Namen, nicht
der äußern Geburt und dem äußern Bekenntniß nach, son-
dern im Geiste und in der Wahrheit, das ist, im leben-
digen Glauben, ein Christ wird, so bestehet die Ehre des
Staats vornämlich darin, sich als christlichen Staat zu
erweisen.
Eine Behandlung der äußern Staatszwecke, die der
Lehre und den Forderungen des göttlichen Wortes wider-
spricht, ist und bleibt daher das Product einer zwar
weit verbreiteten, und dadurch herrschend und übermäthig
gewordenen, aber bey alle dem aus dem Obscurantismus
hervorgegangenen, nur der Geistlosigkeit eigenthümlichen
und dieser allein zusagenden Ansicht.
Es ist eine alte Lehre: Thue nichts Bdses, so wieder-
fährr dir nichts Bdses, und es kdnnte ihr als Erxposition
beygefügt werden:
Verführe nicht zum Bdsen, und du kannst nur dann
das Böse mit Würde und gutem Gewissen bestrafen.
Verhandl. XIII. Band. 41