Full text: Die Geschichte Württembergs.

§. 34. Herzog Ludwig. 103 
ihn nicht, sondern ließ ihn auf der Burg Urach gefangen setzen. Bei Nacht 
machte er einen Fluchtversuch; aber der Strick riß, und er wurde auf den Felsen 
zerschmettert (1590). — Von Chrlstoph her lasteten noch schwere Schulden auf 
dem Lande. Ludwi#g aber vermehrte dieselben noch. Er ließ Unordnungen in der 
Verwaltung einrelßen und verschwendete 300,000 fl. durch den Bau eines 
prachtvollen Lusthauses, des heutigen Theaters. Im Jahr 1587 waren in 
dem Kriege zwischen den Gulsen und Hugenotten jene in Mömpelgard eingefallen 
und hatten geraubt, geplündert und gemordet. Ludwig wollte der schrecklich 
verwüsteten Grafschaft zu Hilfe eilen. Die Slände aber gaben kein Geld. Bis 
er selbst ein Heer gesammelt hatte und dieses endlich Mömpelgard zuzog, waren 
die Gutsen schon längst fortgezogen. In demselben Jahre wurde Ludwig, dessen 
zwelte Ehe mit der Pfalzgräfin Ursula auch kinderlos war, von seinen Räthen 
bewogen, den Sohn des Grafen Georg von Mömpelgard, Friedrich, als seinen 
Nachfolger zu verpflichten. Er mußte versprechen, „Prälaten und Landschaft 
bei allen ihren Rechten und Freiheiten zu lassen, zu schützen und zu handhaben 
und dieselben gebührlich zu bestätigen, indem vorher Landschaft und Unterthanen 
nicht schuldig seien, Huldigung zu leisten, sondern so lange ledig und frei sein 
sollten“; ferner „daß er die fürstlichen Diener und Räthe in ihrem Stande, 
Ehren, Begnadigung und Freiheiten ungeändert und ungetrübt lassen sollte." 
Diese Verpflichtungen übernahm Friedrich unter Berufung „auf sein fürstliches 
Gewissen, Ehre, Treue und Glauben und auf das jüngste Gericht.“ 
Ludwig starb am 8. August 1593 an einem Schlag. Tags zuvor war er 
noch auf der Jagd gewesen. Er wurde in der Stiftskirche zu Tübingen belgesetzt; 
die Herzogln nahm ihren Witwensitz in Nürtingen. Ludwig hatte trotz seines 
Mangels an Entschlossenhett und echter Manneskraft doch durch seine Milde, 
Gutherzigkeit und Freundllchkeltt die Herzen seines Volkes gewonnen. Dileses 
rechnete auch die mancherlei Regierungsfehler nie ihm, sondern immer seinen 
Beamten an. Elner schreibt über den Eindruck, den die Nachricht von seinem 
Tode machte: „Was für ein Geschrei, Heulen und Weinen zu Hof von seiner 
Gemahlin Frauenzimmern, von den Hofdienern, den Räthen und den Bürgern 
der Stadt sich erhoben, ist unaussprechlich."“ 
§. 35. 
Rüchblick auf das sechzehnte Jahrhundert. 
Eine Reihe unthätiger und schwacher Kaiser hatte den deutschen Fürsten 
die Gelegenheit, jener Eigennutz und Selbstsucht auch noch die Berechtigung ge- 
geben, ihre Gebiete auf jede mögliche Weise auszudehnen und ihrer Macht eine 
vollkommenere Selbständigkeit zu verschaffen. Alle diese Errungenschaften standen 
auf dem Splel, als Kaiser Karl V. zur Regierung kam. Gerne hätte er die 
Gewalt der Reichsstände gemindert und sie alle als Mittel zum Zweck benutzt. 
Die Reformation schien die Gelegenheit zu bieten. Aber er hatte sich gewaliig 
verrechnet. Die Fürsten schloßen sich in engen Bündnissen an einander an, und 
als er mehrmals, z. B. nach der Eroberung Württembergs durch den Schwäbischen 
Bund und nach der Schlacht von Mühlberg, seine Absicht, dle Zahl der Reichs- 
fürsten, namentlich der ihm nicht günstigen, zu vermindern, deutlich erkennen ließ, 
hatte er sich alle zu Feinden gemacht. War es doch nur geschehen, um die eigene
	        
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