112 III. Württemberg als Herzogthum.
süchtelelen zwischen Enslin und Melchlor Jäger hinausgezogen, von denen jeder
den Ruhm des Geschäfts haben wollte. Durch Bestechung der kaiserlichen Räthe
hauptsächlich gelang es, im Jahr 1599 den Prager Vertrag zu schlleßen.
Die Bestimmungen desselben sind: „1. Württemberg ist nicht mehr öster-
reichisches Afterlehen, sondern deutsches Reichslehen; 2. stirbt
der württembergische Mannsstamm aus, oder fällt das Land auf
irgend eine Art an das Reich zurück, so kommt es wieder in den
Besitz der Erzherzoge von Oesterreich; diese haben darum das
Recht, Titel und Wappen von Württemberg zu führen; 3. Würt-
temberg zahlt innerhalb 16 Monaten die Summe von 400,000 fl.
an Oesterreich; 4. dieses verspricht, im Falle einer künftigen
Besitznahme des Landes dessen Rechte und Freiheiten, sowie die
eingeführte Augsburger Konfession bestehen zu lassen.“ — Ueber
diesen Vertrag war das Land höchst unzufrieden; denn im Allgemeinen war an
der seltherigen Lage für die Unterthanen nichts geändert; daß der Herzog freier
stehe, sollte das Volk mit viel Geld bezahlen. Auch wußte man nur zu gut, wie
wenig die österrelchische Regierung Versprechungen, die sie bezüglich der Glaubens-
freiheit gab, erfüllte, und im dreißigjährigen Krleg zeigte es sich klar und deutlich,
daß Oesterreich sich trotz des Prager Vertrags seine angemaßten alten Rechte auf
Württemberg vorbehalten hatte. Dle Landschaft wollte von dem Bezahlen der
400,000 fl. nichts wissen; erst als der Herzog versprach, den Beschwerden abzu-
helfen und den Tübinger Vertrag zu erfüllen, übernahm sie die Summe „zur
Bezeugung unterthänigster Treuherzigkelt, doch unbeschadet aller ihrer Rechte
und Freiheiten.“ Aber der Herzog gab Versprechungen, die ihn in unabhängiger
Ausübung selner Gewaltherrschaft hindern sollten, immer mit dem Vorsatz, sie
nicht zu halten. Seine Landschaftsmitglieder erschienen ihm als „Holzwürmer,
die kein Gelenk im Kopfe haben“, weil sie ihm nicht in allem bereltwillig nach-
gaben. Er wollte sich durch gar nichts, auch nicht durch des Volkes heilige Rechte
beengen lassen, sondern wollte über die Steuern frei verfügen. Auch war es ihm
sehr unbequem, daß die Bezahlung und Uebernahme seiner vielen Schulden auf
die Landschaftskasse von dem guten Willen der Landstände abhängig sein sollte.
Das sollte alles anders werden. Er hatte das Amt Oberkirch im Elsaß und das
Herzogthum Alencon in der Normandie gekauft 1); ebenso von dem Markgrafen
von Baden die Stadt Besigheim mit Mundelshelm, Hessigheim, Wahlheim und
halb Löchgau, später auch Altensteig und Liebenzell. Für die erstgenannten Be-
sitzungen forderte der Markgraf die Summe von 384,486 fl. Außerdem erfor-
derten des Herzogs glänzende Hofhaltung, seine Alchymisten u. s. w. ungeheure
Summen Geldes. Wer sollte alles schaffen? Es wurden Steuern um Steuern
ausgeschrieben; aber endlich war das geduldige Volk nicht mehr Willens, dem
Verächter selner Rechte immer wieder Geld zu geben. Darum sann er auf ein
Mittel, das Volk zu zwingen. Ein stehendes Heer sollte ihm zur Erreichung
seiner Zwecke dienen. Dann hatte er alles, was er wünschte, Geld und unum-
schränkte Gewalt. So begann denn der Kampf zwischen Fürst und Volk.
Friedrich verlangte von der Landschaft die Aen derung des Tübinger
Vertrags; aber sie gieng auf zwel Landtagen nicht darauf ein (1605 und
1) Diese Besitzungen wurden bald wieder von Frankreich eingelöst.