. 46. Herzog Karl. Seine Reg. bis zum Erbvergleich. Die Wirthschaft Riegers ꝛc. 165
muth von seinen lieben und getreuen Unterthanen noch, nicht abzuwenden“ —
äußerte sich den Ständen gegenüber, er allein habe zu bestimmen, wie viele Sol-
daten er brauche, die Stände haben nur das Geld zu bewilligen. Sogleich for-
derte er einen jährlichen Militärbeitrag von 800,000 fl., sowie 230,000 fl. zu
einer Winteranlage. Die Stände aber, ermuthigt durch das Gutachten des
Reichshofsraths, beriefen sich auf ihr Recht der Steuerverwilligung. Die Ver-
handlungen wurden fortgesetzt; kein Theil wollte nachgeben. Montmartin reiste
nach Wien, fand aber Kaiser Joseph II. (1765—1790) gar nicht für den
Herzog eingenommen. Dieser mußte einsehen, daß es jetzt die höchste Zeit sei,
einen andern Weg einzuschlagen. Im Mai 1766 wurde Montmartin ent-
lassen, damit er, wie der Herzog sich äußerte, „kein Hinderniß der Wiederher-
stellung des Vertrauens zwischen Herrn und Land sei.“ Doch blieb er noch bis
1773 der Hauptrathgeber des Herzogs. Wittleder, der nach Montmartins
Entlassung keine Stütze mehr fand, vielmehr den gerechten Zorn des ganzen
Volkes zu fürchten hatte, suchte, nachdem ihm der Herzog noch 36,000 fl. abgenom-
men, das Weite und starb in Heidelberg als kurpfälzischer Hofrath. Der Schurke,
der das Land und Hunderttausende betrogen, Hunderte von Familien ins Elend ge-
bracht und den Beamtenstand auf jegliche Weise erniedrigt hatte, gieng auf diese Art
ganz straffrei aus. In der letzten Zeit seiner schändlichen Wirthschaft hatte er man-
chen Spott über sich ergehen lassen müssen 1). Zum Beweis, was Montmartin
und Wittleder miteinander geleistet hatten, nur Folgendes: Von 1758—1765
bezog der Herzog außer den verfassungsmäßigen Steuern, welche allein über 3
Millionen Gulden betrugen, nochmehrere Millionen aus dem Dienst-
handel, den Frohnen und Quartierlasten, zwei und eine halbe Million
aus rechtswidrigen Steuern, eine halbe Million durch erzwungene Vor-
schüsse und über drei Millionen durch Gewalt oder sonst durch Verletzung
bestehender Gesetze — diese ungeheuren Summen in sieben Jahren.
Nachdem die Verhandlungen noch einige Zeit hin- und herzogen worden
waren, kam endlich zwischen dem Herzog und der Landschaft am 27. Februar
1770 der sogenannte Erbvergleich zu Stande. Nach demselben soll-
ten sämmtliche Landesverträge bis zum Jahr 1753 wieder
volle Giltigkeit erlangen. Der Herzog sollte von jetzt an die
Verfassung achten, die Staatsdiener sollten auf dieselbe be-
eidigt, die Anstellung von Ausländern vermieden, der alte
Steuer fuß hergestellt, das Kirchen gut zurückgegeben, das Mi-
litär auf 4000 Mann vermindert, die Monopole und die Lot-
terie aufgehoben, der Wildschaden eingeschränkt und dagegen
die Wälder, die man furchtbar gelichtet hatte, geschont werden.
Alle Staatsämter sollten mit Protestanten besetzt und der
katholische Gottesdienst außer der Privatandacht des Herzogs
1) So z. B. war ein Gedicht erschienen, in welchem es hieß:
„Ein dicker Gerberg'sell, sein Name heißt Wittleder,
Direktor nennt man ihn und ist nicht von der Feder,
So wenn ein Esel kommt und kanns mit Geld bezahlen,
Bekommt er einen Dienst und dies vor Gllehrten allen“ u. s. w.
Eines Morgens hatte man nemlich vor Wittleders Haus einen Esel angebunden gefum-
den, dem am Hals ein Zettel hieng mit den Worten: „Ich hätte gern einen Dierst.“