Full text: Die Geschichte Württembergs.

222 IV. Württemberg als Königreich. 
und Sorge. Im Jahr 1842 mißriethen in Folge großer Trockenheit die Futter- 
kräuter, so daß der Landmann seinen Vlehstand verringern, später mit großen 
Kosten wieder ergänzen mußte. Auch das Jahr 184 3 war nicht fruchtbar. 1844 
brach die Kartoffelkrankheit aus, welche mehrere Jahre anhielt. Auch die Ge- 
treideernte schlug fehl, so daß ärmere Leute kein Brot mehr kaufen konnten. Als 
das Jahr 1846 abermals die Hoffnung des Landmanns täuschte, entstand in den 
niedern Volksschichten eine dumpfe Gärung. Man beschuldigte die Regierung, 
daß sie nicht bald genug die richtigen Maßregeln getroffen habe. Es kam am 3. 
Matl 1847 in Stuttgart zu einem Brotkrawall, bei welchem der König den 
Pöbelaufstand gegen die Bäcker persönlich stillen wollte, aber mit Steinen be- 
worfen wurde. Truppen mußten die Straßen reinigen. 
Schon glaubte man, daß alles wieder zur alten Ordnung zurückkehren 
werde, als die in Paris ausgebrochene Februarrevolution neues Unheil 
drohte (1848). König Wilhelm beruhigte die aufgeregten Gemüther durch Ein- 
berufung eines liberalen Ministerlums, an dessen Spitze Römer stand (das 
„Märzministerium“, 9. März). Ebenso ließ er auch das Reichsparla- 
ment in Frankfurt beschicken (unter den Abgeordneten war auch Uhland) und 
seine Armee dem Reichsverweser, Erzherzog Johann von Oesterreich, huldigen 
(6. August). Die vom Parlament aufgestellten und angenommenen „Grund- 
rechte“ wurden verkündigt und die Reichsverfassung eingeführt. So weit war 
Wilhelm gezwungen mitgegangen. Als aber König Friedrich Wilhelm von 
Preußen die ihm vom Parlament angebotene deutsche Kaiserkrone ablehnte, die 
Nationalversammlung sich auflöste und im Nachbarland Baden der Aufruhr los- 
brach, zeigte König Wilhelm den Ernst. Das Reichsparlament bestand noch aus 
einem Rumpf von etwa 100 Abgeordneten, welche aus Furcht vor den heranzie- 
henden Preußen die Paulskirche in Frankfurt verließen, nach Stuttgart zogen, 
den Reichsverweser absetzten, fünf Reichsregenten (Raveaux, Professor Vogt, 
Schüler, Stimon von Breslau und Advokat Becher aus Stuttgart) ernannten 
und vom württembergischen Ministerium Geld und Mannschaft verlangten. Als 
Antwort ließ Minister Römer das Sitzungslokal schließen. Eine Nachgiebigkeit 
dem Rumpfparlament gegenüber hätte Württemberg seinem Nachbarland gleich- 
gestellt, und es wäre dann wie dieses von der Reichsarmee überzogen und gestraft 
worden. Dazu hatte man in Württemberg aber keine Lust. Als das Rumpfparla- 
ment am 18. Juni, voran der Präsident Löwe von Calbe, Uhland und Schott, zum 
Lokal zogen, fanden sie es von Soldaten versperrt und mußten nun auseinander gehen. 
Durch dieses energische Einschreiten hatte die Regierung den wilden Aus- 
bruch größerer und weitergehender Unruhen verhindert. Zugleich aber hatte sie 
während des ganzen Verlaufs der Revolution der Jahre 1848 und 1849 ein- 
gesehen, daß in manchen Stücken ein strammeres Regiment noththue. Die For- 
derungen der württembergischen Parlamentsabgeordneten in Beziehung auf 
innere Verfassung konnten die württembergische nicht angehen, da diese in ihrer 
Freisinnigkeit weit über allen andern stand. Zudem war den meisten Bundesbe- 
schlüssen durch die Einsicht und Gnade des Königs Wilhelm in ihrer Ausführung 
in Württemberg die Spitze gebrochen worden. Einige Errungenschaften der Re- 
vokutionszeit, die Zehntablösung, die Geschworenengerichte und das Papiergeld, 
blieben auch in Württemberg bestehen. Im übrigen aber wurden die Zügel der 
Reglerung straffer angezogen. In den Jahren 1849 und 1850 wurden drei
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.