Full text: Die Geschichte Württembergs.

36 U. Württemberg als Grafschaft. 
Eberhards Sieg bei Döffingen hatte die Macht der Reichstädte gebrochen; 
die Sieger, die den gewonnenen Schlag benützen wollten, vermochten den Kaiser 
zu einem Tag in Eger (1389) zu bewegen, wo auch die Gesandten der Städte 
erschienen. Wenzel, der sich stets auf die Seite der Glücklichen stellte, wandte sich 
den Fürsten zu, löste den Städtebund, sowle die Bündnisse des 
Adels ganzauf und errichtete auf Grund dieses Gesetzes einen all- 
gemeinen Landfrieden auf 6 Jahre. Die Städte wehrten sich dagegen; 
aber ste waren die Besiegten und mußten einwilligen. (Dieser Beschluß von Eger 
war eigentlich nichts anderes als eine Erneurung des Heidelberger Landfriedens.) 
Mit Stolz und Befriedigung konnte Eberhard am Abend seines Lebens 
auf die lange Reihe seiner Reglerungsjahre zurückschauen. Die Wogen des Krlegs- 
glücks und der Königsgunst waren in diesem halben Jahrhundert sehr hoch gestle- 
gen, aber auch tief gesunken. Zweimal, in den Jahren 1360 und 1378, war seine 
Macht dem Untergang nahe und der Fortbestand seines Landes stark gefährdet. 
Aber unbegrenzter Muth, Willensstärke, zähe Ausdauer und kluge Nachgiebigkeit 
hatten ihn immer wieder gerettet, und am Schluß sah er die Feinde, die mehrmals 
über ihn triumphlrt hatten, gedemüthlgt zu seinen Füßen und er konnte die Re- 
gierung beruhigt und getrost seinem Enkel übergeben. 
S. 15. 
Bückblick. Verhältnisse und Zustände in Staat und Gemeinde. 
„Noch immer mag die Kunde 
Der Bürger Herz erfreun 
Vom alten Schwabenbunde, 
Vom Städtebund am Rhein.“ 
Max von Schenkendorf. 
Die mächtigen Fürsten wählten absichtlich kleinere Grafen zu Kalsern, um 
nichts von ihnen befürchten zu müssen. Solche Kalser waren natürlich nie im 
Stande, Ordnung und Ruhe herzustellen und Friede zu schaffen. Ihre Ein- 
künfte waren zkemlich beschränkt; am meisten Geld zogen sie aus dem schimpf- 
lichen Handel mit Priolleglen, Aemtern 2c. Schon im 13. Jahrhundert begannen 
die Kalser den einträglichen Titelhandel; da wurden Grafen zu Fürsten, Herren 
zu Grafen, Bürger zu Rittern gemacht; so kamen z. B. viele Doktoren von 
Universitäten in den Ritterstand. Die oberste gesetzgebende und rich- 
terliche Gewalt hatte der Kaiser, in den einzelnen Ländern der Fürst, 
für welchen die Landstände dasselbe waren, was die Reichsstände, für den 
Kalser. Mit diesen Landständen wurden anfänglich nur bestimmte Verträge für 
gewisse Zwecke geschlossen. Die Landstände (bestehend aus der Vertretung von 
Geistlichkeit, Adel und Bürgern) waren gewöhnlich unter sich frei und wurden 
nöthigenfalls zum Landtag verbunden. Der vierte Stand, der Bauern- 
stand, war nur in wenigen Ländern frei: Die württembergischen Grafen hatten 
von Anfang an ihr Geblet von der Aristokratie der Klöster, des Adels und der 
Städte gesäubert und verpflichteten sich lediglich die Bauern. — Die weltliche 
Gesetzgebung war sehr verwlrrt; gegenüber der Einführung des römischen 
Rechtes durch die Hohenstaufen versuchten die Deutschen allgemeine Gesetzbücher 
zusammenzustellen. So entstand 1215 der Sachsenspiegel und 1282 der 
anderen später diesem nacherzählt, während alle alten Chroniken, wie die von Nauclerus 
und Trittenheim, nichts davon wissen. 
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