40 II. Württemberg als Grasschaft.
thnen die Last zu drückend, so flohen sie in die Städte und wurden Pfahlbürger.
Die Zurückbleibenden mußten dann um so mehr leiden. Viele Edelleute lebten
seitz den Kreuzzügen üppiger und sogen deßhalb ihre Untergebenen vollständig
aus. Im Allgemeinen aber waren die Bauern im Mittelalter viel besser daran,
als später nach dem Bauernkrieg. Theils konnten sie sich jetzt schon beim Verfall
vieler Adelsgeschlechter loskaufen, thells erlangte der ganze Bauernstand An-
sprüche auf Berücksichtigung durch seine Beiziehung zu den Heeren. Auch schritt
die Landesherrschaft meist entschieden ein, wenn die herrschaftlichen Rechte über
die Bauern willkürlich geübt wurden. — Bezüglich der obersten Verwaltung
und Gerichtsbarkeit über die Bauern war es in den letzten Jahrhunderten ganz
anders geworden; die über die einzelnen Gaue gesetzten kalserlichen Beamten
(Grafen) hatten sich im 12. und 13. Jahrhundert in erbliche Landesherren ver-
wandelt und verbanden ihre Lehen mit ihren Erbgütern. Der Graf übte den
Blutbann und führte das Banner; doch war dieses oberste Richter= und Kriegs-
amt schon ein Erbstück der Familie geworden. Den Bauern war in jedem Dorf
ein Schulze gegeben. Die örtlichen Gewohnheiten in Rechtssprechungen wurden
als Dorfordnungen und Dorfrechte aufgezeichnet. Derartige Gesetze durften sich
die Bauern selbst geben. — Wegen der vielen Fehden im Mittelalter, die meist
erst mit der vollständlgen Verheerung von Ortschaften und Feldern endigten und
darum den Bauernstand am meisten trafen, konnte auch die Landwirthschaft
nicht recht gedelhen. Man baute Dinkel, Roggen, Haber und Gerste, an Hülsen-
früchten Bohnen, Erbsen und Linsen, außerdem auch Hanf, Flachs und Hopfen.
Der schon von den Karolingern eingeführte Weinbau gewann immer mehr Ver-
breitung. Mit dem Ackerbau gieng die Vlehzucht Hand in Hand. Unter dem jagd-
baren Wild fanden sich noch Bären und sehr viele Wölfe. Für die Pflege der
Wälder geschah seitens der württembergischen Grafen vleles; im 14. Jahrhundert
bestanden schon Floßeinrichtungen auf dem Neckar und der Enz. Auch waren
damals schon das Silber= und Kupferwerk von Bulach und die Eisenwerke im
Kocher= und Brenzthal im Gang.
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Fortsetzung. Rückblick. Porzilinin und Zustände in der Kirche.
„„Die Kirche ist so schlecht geworden, daß ein
guter Papst gar nicht mehr mit ihr auskommen,
daß sie nur noch durch Bösewichter regiert wer-
den kann.“
Cardinal Peter d'’Ailly.
Die Papstmacht hatte mit dem Untergang des Hohenstaufengeschlechts
lhren Höhepunkt erreicht. Von da an gieng es wieder abwärts. Wohl griff noch
lange die Hand des Papstes in alle weltlichen Geschäfte allmächtig ein, namentlich
in die staatlichen Angelegenheiten des deutschen Reichs, und zwar immer zum
Verderben des letzteren, — aber in sich selber trug die Kirche den Keim der
Zersetzung und Auflösung durch die Spaltung des Hauptes der Christenheit und
die allgemeine Sittenlosigkeit der Geistlichen und Klöster.
Der größte Theil der deutschen Kaiser hatte es sich zur Aufgabe gemacht,
den Papst und die Kirche gegen innere und äußere Feinde zu schützen. Zum Dank
dafür machten es sich die Päpste zur Pflicht, das kaiserliche Ansehen allent-
halben zu zerstören und sie scheuten zur Erreichung ihres Zwecks auch das ab-