56 II. Württemberg als Grasschaft.
mönchs, die Nichtigkeitserklärung des Münsinger Vertrags. Eberhard V. gieng jedoch
nicht darauf ein, sondern schloß mit seinem Vetter den Stuttgarter Vertrag
(1485), zu welchem er weislich Räthe, Prälaten und die Landschaft beizog.
Der Beschluß gieng dahin, daß Eberhard V. Alleinherr sein solle und ohne
Bewilligung der Landstände kein Theil von Württemberg veräußert werden dürfe.
Dagegen wies Eberhard der Aeltere seinem Vetter Kirchheim, Owen und Weil-
heim, Schloß und Stadt Winnenden, Schloß Nürtingen als Sitz und jährliche
8000 fl. zu. Aber der Stuttgarter Vertrag wurde von dem wilden Eberhard
so wenig erfüllt als der Münsinger. Er machte Schulden auf Schulden, und um
sich aus der Geldverlegenheit zu helfen, bedrängte er das Kloster Kirchheim,
aufgereizt von Holzinger und der entlaufenen Nonne Anna Dürr. Die Kloster-
frauen waren dem Hunger und Frost preisgegeben, da ihnen alle Zufuhr ab-
geschnstten wurde. Zweimal zog Eberhard im Bart zum Entsatz des Klosters
herbei, bis der ganze Zwist im Frankfurter Vertrag (1489) und drei Jahre
später im Ehlinger Vertrag (1492) beigelegt wurde. Nach denselben sollte
das Land nach Eberhard's Tode, wenn er keinen Sohn als Erben hinterlasse,
an Eberhard den Jüngeren übergehen. Für alle seine Forderungen sollte letzterer
ein für allemal 12,000 fl. und eine Anweisung auf jährliche 8000 fl. erhalten;
dagegen wurde ihm kein Landbesitz mehr zuerkannt; Eberhard im Bart räumte ihm
das Schloß Nürtingen freiwillig ein. Zugleich aber wurde dererste per-
manente Ausschuß der Stände, aus je vier Gewählten der Prä-
laten (Klosteräbte), der Ritterschaft und der Städte gebildet,
und der Grundsatz der Selbstbesteuerung festgestellt, so daß die
Steuerumlage nur von den Ständen abhieng. Dadurch erlangte
das württembergische Volk Rechte und Freiheiten, nach denen sich andere deutsche
Länder noch lange vergebens sehnten. Kein Wunder, daß Eberhard von seinen
Unterthanen wie ein Vater geehrt und geliebt wurde 1). Seine Umsicht und
Klughelt erstreckte sich aber auch auf das Allgemeine über die Grenzen Württem-
bergs hinaus. Er suchte im Reiche, wo es unter des schwachen Friedrichs III.
Regierung traurig hergieng, Ruhe und Ordnung zu erzielen und zwar durch die
Gründung des Schwäbischen Bundes (1488). Wir haben es hier nicht
mit einer Genossenschaft, ähnlich dem Schlegler= oder Löwenbund zu thun.
Schon vorher bestand der St. Georgenschild, eine Adelsverbindung, zu der
bald alle Fürsten, Grafen, Ritter, Bischöfe, Aebte und Städte in Schwaben bei-
gezogen wurden. Der Bund war anfänglich gegen Bayern gerichtet, wo sich der
gewaltthätige Herzog Albrecht IV. der Reichsstadt Regensburg bemächtigt hatte.
Eberhard im Bart war eines der bedeutendsten Mitglieder des schwäbischen
Bundes; im Jahr 1490 wurde er sogar zum Feldhauptmann desselben gewählt.
Der eigentliche Zweck dleses Bundes bestand darin: In den letzten Jahrhunderten
waren alle Stände und Fürsten, Adel und Städte gegen einander gestanden und zwar
in den mannigfachsten Verbindungen, Fürsten gegen Adel und Städte, und wieder
Fürsten und Adel gegen die Städte, und sogar Fürsten und Städte gegen den
Adel. Jeder Stand hatte den andern auf alle Arten im Schach zu halten gesucht,
und diese Verbindungen waren die Quelle der blutigen Kriege des Mittelalters ge-
wesen. Das sollte durch den Abschluß des Schwäbischen Bundes alles ganz anders
1) Sie sagten später von ihm: „Wenn Gott nicht Gott wäre, so müßte unser
Herzog Herrgott sein!“