Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2)

170 Der Feldzug im Osten vom 12. Sept. bis 5. Nov. 1914 
in der Mirte, während das Korps Frommel den linken Flügel gegen 
Nordosten deckte. 
Es war nicht mehr die sonnige und weiträumige, von weißen Wolken 
überflogene Landschaft der Augusttage, durch die die polnischen Legionäre 
des Korps Kummer und die Landwehrleute Woyrschs von Krakau nach 
Kielce und von Czenstochau nach Wierzbnik marschiert woren, sondern ein 
regendampfendes, nebelverhangenes Gelände ohne Ausblick und Prägung, 
in dem die Marschsäulen verschwanden und der Vormarsch der Kolonnen zu 
einer endlosen Qual wurde. Geschütze und Munitionsfuhren versanken bis 
an die Nabe, die Wege verloren sich oft so tief im Kot, daß Knüppeldämme 
gestreckt und Schneisen durch die Wälder geschlagen werden mußten, um 
die Fuhrwerke vom Fleck zu bringen. Dabei kam alles auf die Schnelligkeit 
dieses Bormarsches an, denn er durfte dem Feind erst voll sichtbar werden, 
wenn dem Russen das Eisen schon in der Flanke saß. In Märschen, die täglich 
über 40 Kilometer binter sich ließen, ging es an den Feind. 
Der deutsche Vormarsch eilte dem der Osterreicher um drei Tage voraus 
und mußte die Bewegung der gemeinsamen Vorrückung vom linken Flügel 
an im Zuge halten. Man versuchte, die geplante Umfassung zur Reife zu 
bringen und im Rücken der Armeen Nußkis zum Schlagen zu lommen, ebe 
diese den Rückweg aus Westgalizien gefunden hatten. Unter diesen Umständen 
waren die Einflüsse der Witterung strategische Elemente ersker Ordnung. Sie 
schlugen sich auf die Seite der Russen. 
Die ersten Berührungen der Armee Hindenburg mie dem Feinde fanden 
am 27. und 28. September statt. Bei Prizow an der Nida und bei Vorki 
prallten die Kosaken an die deutschen Bortruppen. Die Russen warfen nach 
kurzem Gefecht die Gäule verum und jagten unter Werlusten auf Kielce 
zurück. Nur bei Piotrkow war Gardekosaken ein flüchtiger Erfolg beschieden. 
Sie überfielen die todmüde eingerückte Besatzung, überritten die Leute, die 
in den Straßen Rast gemacht hatkten, und stoben wieder zu den Toren 
binaus. Am 30. September zersprengte die Vorhut des Garde-NReservekorps 
bei Kielce eine Kavalleriedivision, die sich hier zum Widerstand festgesett 
hatte, und jagte sie in die Hügellandschaft der Lysa Gora. 
Darauf sette sich plangemäß Dankls Nordgruppe an der unteren Nida# 
in Bewegung. Am 1. Okkober erreichte der Bormarsch nördlich der Weichsel 
bereits die Tiefenlinie der Czarna und den Oberlauf der Kamienna. 
Die Weichselflanke der in Galizien vorrückenden russischen Armeen 
sprang auf. Sobald die Kamienna überschritten war und die nattirlichen 
Sperrstellungen der Lysa Gora hinter den Deutschen und Damls Oster- 
reichern lagen, öffnete sich vor ihnen die Weichselniederung mit den großen 
MReichsstraßen, die zu den Brückenköpfen von Sandomierz, Jozefow und 
Nowo-Alexandrija führten. In diesen Brückenköpfen schlief die Sicherheit 
des russischen Heeres.
	        
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