Full text: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Zweiter Band. (2)

Die Kämpfe bei Reims und Craonne 33 
Aber der Schein trog. Maudhuy brachte Verstärlungen über die Aisne 
und zog schwere Artillerie heran, um den schwächeren Gegner, der fast nin 
Infanterie zeigte, zu erdrücken, ins Ailettetal zu werfen und auf Bouconwille 
und Chamouille durchzubrechen. Auch Haig führte neue Kräfte vor. 
Als es 4 Uhr wurde, fochten die fünf Regimenter des VII. Reserve- 
lorps zwischen Comtecon und Craonne mit beinahe ebensovielen Divi- 
sionen um ihr Leben. Ihre Kraft tropftre weg wie eine Kerze, ihre Toten 
und Verwundeten säumten in endlosen Zeilen die Böschungen des Chemin 
des Dames. Von der Malvelferme, die südwestlich von Comtecon liegt, 
bis zur Mühle von Bauclerc östlich von Hurtebise schwoll der englisch- 
französische Angriff unaufhaltsam zum Höhenzug empor. Zwischen der 
alten Mühle und Craonne, wo die Höhe bis zu 200 Metern ansteigt und als 
breite Fläche die Wege ins Ailettetal beherrscht, war die Not am größten. 
Hier rang die 28. Infanteriebrigade, vom Schrapnellhagel französischer 
Batterien gepeitscht und gelichtet, gegen Maudhuys Kerntruppen. Da rief 
Zwehl im Drange der Not auch die Batterien des Reserveartillerieregiments 
Nr. 14 heran, die bei Corbeny die Flanke gehütet hatten, und überließ das 
Dorf sich selbst. Sie protzten auf und bogen ins Ailettetal, um bei Vauclerc 
die Höhe des Damenwegs zu gewinnen. Schon als sie auf der Straße 
Corbeny—Boucowille nach Westen rasten, wurden sie vom Feuer schwerer 
Geschütze gefaßt, die ihre Beobachter auf die Höhe des Chemin des Dames 
vorgeschoben hatten und ihre Eisentöpfe über die Höhe ins Ailettetal warfen. 
ODrei Batterien waren's, die trotz der Verluste an Fahrzeugen und 
Gespannen um 5 Uhr im Dämmergrau des düsteren Regentages mit keuchen- 
dem Atem den Nordhang des Chemin des Dames erkletterten und bei der 
Vauclercmühle in Deckung auffuhren. Sie sollten über die Kante des Süd. 
hangs in der Richtung Craonne und Hurtebise feuern und die verblutende 
Infanterie vor der Vernichtung diurch die überlegene feindliche Artillerie 
bewahren. Zu spät — die Batterien hatten das Feuer auf die französische 
Artillerie kaum eröffnet, als die Sturmhaufen de Maudhuys aus Craonmnelle 
hervorbrachen und die Hochfläche von Craonne überfluteten. Verzweifelt 
fechtend wichen die Trümmer der 28. Brigade gegen den Höhenweg zurück. 
Der Chemin des Dames schien verloren, die Batterien zum Abfahren ver- 
urteilt, ehe sie recht zu Schuß gekommen waren. 
Da verließ plötzlich ein Geschütz der Batterie Kaiser die Deckung und 
rollte, von der Mannschaft vorgerissen, dem Feind entgegen auf den Kamm 
der Hügelflur. Rohr um Rohr folgte, von nervigen Westfalenfäusten mehr 
gehoben als geschoben, bis die drei Batterien Kaiser, Ehrharde und Schmie- 
ding der II. Abteilung des Neservefeldartillerieregiments Nr. 14 auf der 
Höhe im freien Felde aufgepflanzt slanden. Auf 200 Meter waren die 
stürmenden Zuavenbataillone de Maudhuys herangekommen, ihre Schügen- 
linien hatten bereits zum Bajonett gegriffen, das letzte „En avant!““ ihrer 
Stegemeonns Gricchte des Krieges. II. 35
	        
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