Pausiert hat man in Weimar, um die Zeit durch eifrige Be-
ratung der Berfassung im Ausschuß auszufüllen. Der Aus-
schuß hat aber erst einen Bruchteil seiner Arbeit fertiggebracht,
so daß es noch wochenlang dauern wird, bis die Vollversamm-
lung die Berfassung vornehmen kann. 1
Statt dessen stehen heute kleine Anfragen und zwei Inter-
pellationen auf der Tagesordnung. Die kleinen Anfragen,
an die sich keine Debatte knüpft, sind vor etlichen Jahren bei
uns eingeführt worden, weil sie in ausländischen Parlamenten
auch Mode sind und weil wir uns doch alles Scheindemokra---
tische auch leisten müssen. Anderswo dienen sie meist dazu,
um der Regierung die Gelegenheit zu irgendeiner Erklärung
zu geben, auf deren Kundmachung sse selber Wert legt. Oft
werden daher Anfragen und Antworten vorher unter der
Hand vereinbart. Der gründlichere Deutsche aber vermeint, das
sei ein Mittel, um die Regierung jederzeit zwingen zu können,
Rede und Antwort zu stehen, zum mindesten ein Mittel, um
die Regierung zweimal wöchentlich anzuzapfen und zu
zwacken. ODa könne also ein Volksvertreter seinen Wählern
ungemein imponieren, wenn auf seinen Wink die Minister
ganz beflissen Bescheid gäben. NRun sind es aber meist keine
Minister, sondern Kommissare, und klarer als die delphische
Pothia sprechen sie auch nicht. Enttäuschung und Wut der
Frager sind die natürliche Folge. So fragt der Kölner Oe-
mokrat Falk heute, wo es überhaupt Fragen regnet, nach der
Versorgung des linkerheinischen Gebietes mit Lebensmitteln
und erhält als Antwort vom Unterstaatssekretär v. Braun
nach einigen ausweichenden Allgemeinheiten eigentlich nur
die Mahnung an die linkerheinische Bevölkerung, sie möge
sich nicht die Köpfe verdrehen lassen. Als Falk nun ganz
präzise die „ergänzende“ Anfrage stellt, ob man in nächster
Zeit Mehl und Fett bekommen werde, wird ihm überhaupt
keine Antwort zuteil; dabei gehört er doch selbst zur regieren-
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