Demokraten aus dem Süden des Reiches das Herz in boden-
lose Tiefen; sie haben Angst vor der feindlichen Besetzung,
die man links vom Rhein doch nun schon monatelang erduldet
hat und die bei einer Ausdehnung über ganz Deutschland
außerordentlich verdünnt würde, und sie haben, wie ein
baperischer Minister heute verstört bekennt, vor allem die
Befürchtung, daß wir bei einer Ablehnung den Kommunis-
mus binnen drei Tagen überall am Ruder hätten. Er käme
aber doch erst recht, wenn wir unterschreiben und verelenden,
und er käme kaum, wenn wir unter fremdem Kriegsrecht
stehen! So weit braucht ein moderner Minister freilich nicht
denken zu können. Von der sozialdemokratischen Fraktion
sind in der heutigen Sitzung zwei Drittel umgefallen und sie
werden, da wohl Fraktionszwang ausgesprochen wird, auch
das letzte Drittel mit umreißen und zur Unterschrift unter das
Friedensdiktat bewegen, in welchem zu lesen steht, daß wir
Deutschen allesamt Verbrecher sind und nur die gerechte
Strafe auf uns nehmen.
Oa auch die Unabhängigen geschlossen für die Selbstent-
mannung vor unserer Hinrichtung stimmen, ist die Mehrheit
für die Annahme der Versailler Bedingungen schon so gut
wie da. Um die letzten armen Seelen wird gerungen. Die
christlichen Arbeiter im Zentrum, die noch aufrechtstehen,
versucht man mit der verlogenen Mitteilung zu ködern, sogar
die Deutschnationalen seien bedenklich geworden; in Wahr-
beit gibt es aber weder in der Deutschnationalen noch in der
Deutschen Volkspartei auch nur einen einzigen gewissenlosen
Feigling, der sein Volk verriete. Die Regierung nun überläßt
Strebern von der Sorte Erzberger das Fischen im Trüben,
regiert jedenfalls selber nicht, führt nicht, sondern läßt sich
schieben und sucht ängstlich nur nach Oeckung. Nicht einmal
die Mehrheit der Nationalversammlung genügt ihr als Schirm,
um sich dahinter zu verkriechen, sondern es werden auch noch
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