hängige Rosenfeld spricht stundenlang über den Prozeß Lede-
bour — oder vielmehr an ihm vorbei gegen die jetzige Regie-
rung und für die neue Revolution. Und vor ihm empfiehlt
der Mehrheitesozialist Heilmann lebhaft die neuesten Experi-
mente an unserer Rechtspflege, nämlich, wie man sie „ver-
bürgerlichen“ könne. Der bewegliche rote Fuchskopf ist nicht
etwa voll von phosphoreszierenden Einfällen, er ist nur eine
mäßige Begabung, aber als „aus politischen Gründen“ ent-
gleister cand. iur. ist Heilmann durch den Fleischwolf der Ber-
liner Journaille getrieben und gut ausgekocht worden, hat
überdies eine Bolksversammlungsstimme von brutaler Kraft,
kurz, er wird über kurz oder lang „der“ Führer der Mehrheite-
sozialisten in Preußen sein. Ee seien, so meint er, leider keine
Richter aus dem Arbeiterstande vorhanden; in absehbarer Zeit
würden die Zuristen auch weiterbin vom Bürgertum gestellt
werden. Oeshalb seien die Kur aus Beruferichtern zusammen-
gesetzten Kammern — überhaupt zu verwerfen, überall
Schöffen und Geschworene einzusetzen, und zwar nach dem
Bevölkerungeverhältnis in der Hauptsache Arbeiter, die dann
eine auskömmliche Entschädigung für ihre Mühwaltung er-
balten müßten. Auch Arbeiterfrauen. Oie nötigen Gesetz-
entwürfe dazu sind bereits in Vorbereitung.
Wird das Experiment durchgeführt, so ist die seit Friedrich
Wilhelm I. vorbildliche preußische Rechtspflege in Gefahr, auf
die Stufe zu sinken, auf der sich Master Lynch in Wild-West
befindet. Die Grundlage jeder Justiz ist ihre Unabhängigkeit.
Oarum gerade nimmt man doch zu Geschworenen Männer
in geregelten bürgerlichen Verhältnissen“, die nicht nach rechts
und nicht nach links zu schielen brauchen. Daß sie keine Stan-
desurteile nach Standesvorurteilen, keine politischen Urteile
nach politischen Vorurteilen fällen, hat eben erst die Frei-
sprechung Ledebours durch seine bürgerlichen nichtsozialisti-
schen Geschworenen eywiesen. Eg ist sehr fraglich, ob ein aus
Erledrich der Vorlausige 177 12