Frau Zietz die mit einer Eindeutigkeit, die man sonst nur in
vorgerückter Männergesellschaft findet, für die Beseitigung aller
Zwangemaßnahmen gegen Prostituierte eintritt. „Wenn du
wissen willst, was sich ziemt, so frage nur bei edlen Männern
an" muß man wohl heute den alten Vers variieren. Die Män-
ner, vor allem Fehrenbach und Kahl, fallen der Frau Zietz
entsetzt ins Wort. Aber hart und unerbittlich reckt sie ihre
Faust. Was wahr sei, sei doch wahr. Sie ist erstaunt über die
Zimperlichkeit des anderen Geschlechts.
Immer noch mehr Grundrechte
Weimar, 16. Zull
Unter die Grundrechte des deutschen Volkes wollten die
beiden sozialistischen Fraktionen gestern in die Verfassung
das Recht der Straßendirnen aufnehmen, pollzeilich nicht
belästigt zu werden. Die gleichen Antragsteller wünschen heute-
für die Grundrechte einen weiteren neuen Paragraphen, der
das Recht der Mörder festsetzt, daß sie der Todesstrafe nicht
unterliegen. Zum dritten wird verlangt, daß als Grundrecht
der unebelichen Mütter der Titel Frau genebmigt und jede
Mutterschaft der Ede gleichgestellt werde. Außerdem sträuben
sich die roten Weltverbesserer gegen jede Filmzensur, so daß
auch weiterhin wie in den bisherigen Monaten seit der Revo-
lution kübelweise der moralische Unrat über uns ausgegossen
werden kann.
Doae ist der Inhalt der heutigen ausgedehnten Debatten, die
nachgerade den Eindruck machen, als wolle die vereinigte
Sozialdemokratie bei dem Verfassungswerk Obstruktion trei-
ben, bie ein neuer Putsch alles bisher Geschaffene über den
Haufen wirft und die Hiktatur des Proletariats unter Führung
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