bekannten liebenswürdigen Schalkhaftigkeit anbringt, setzt zu-
letzt noch Herrn Erzberger so in den Sand, daß die Heiterkeit
über das ganze Haus sich fortpflanzt. Erzberger habe gesagt,
er hätte sich nur gegen die Angriffe Graefes wehren müssen.
Nun habe Erzberger aber schon zwei Tage vor der Debatte
in der gesamten Presse seine kommenden Enthüllungen ver-
künden lassen; und so Aug und ahnungsvoll Erzberger auch
sei, so habe er doch sicherlich nicht zwei Tage vorher wissen
können, daß und wie Graefe ihn angreifen werde.
In der Nachmittagssitzung nimmt man die dritte Lesung
der Verfassung vor. Den ganzen Tag über wird noch in
Konventikeln, in der Ecke des Fopers und anderswo, an ihr
geleimt, besonders am Paragraphen 18, während im Plenum
Haußmann bereits einen Hymmus auf sie anstimmt, auf das
weltgeschichtliche Werk von Weimar. Er macht es der Rechten
zum Vorwurfs, daß sie gegen die Verfassung im ganzen stim-
men wolle. Hat er von überzeugten Monarchisten wirklich
etwas anderes erwartet? Ein Zwischenruf, hart und scharf
wie Peitschenhieb von der Rechten kommend, bringt ihn da
aber ganz aus dem Text: „Haben nicht die Demokraten 1871
auch gegen die Reicheverfassung gestimmt?"“ Haußmann
ringt nach Worten. Ja, meint er schließlich, das sei aber ganz
etwas anderes gewesen. Da sei die Verfassung eben nicht
demokumtisch genug gewesen. Na also. Dann darf man es
denen, die ein starkes monarchisches Deutschland wieder-
ersehnen, ebensowenig zumuten, daß sie für die Republik
stimmen. Herr Haußmann scheint das nicht zu verstehen.
Das liegt an der demokratischen Arterienverkalkung. Sein
Parteigenosse Preuß gibt dem Verfassungswerk mit einem
heiteren, einem nassen Auge auch seinen Segen, denn es ist
doch nur noch ein ihm unterschobenes Kind.
Aber auch diese sonst so ruhige Nachmittagesitzung geht nicht
ohne Tumult ab. In einem Zwischenspiel interpellieren die
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