Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Anzahl von Millionen Mark pom Reiche zur Verfügung er- 
halten, wofür er sich mehr oder weniger einflußreiche Leute 
und mehr oder weniger geschickte Federn kaufte; er durfte 
reisen, wohin er wollte, er durfte reklamieren, wen er wollte, 
und sein Stempel und seine Unterschrift genügten laut Ver- 
fügung des Reichskanzlers v. Bethmann Hollweg, um jeden 
Brief ungefährdet ins Ausland gelangen zu lassen. Nun kam 
im Sommer 1917 für Erzberger der pspchologische Moment, 
wo dieser vor Eitelkeit schier platzende geschäftige Politiker 
die Wahl hatte, ob er nach wie vor im Dienste der deutschen 
Regierung und im sehr gut bezahlten ODienste unserer Schwer- 
industrie weiterarbeiten oder sich auf die Seite Karls des 
Treubrüchigen von ÖOsterreich schlagen und dessen Politik be- 
treiben sollte, die in einem Schmachfrieden für Deutschland 
und in einem Gewinstfrieden für die Habsburger durch An- 
gliederung Polens ihr Ziel sah. Erzbergers Stellung als 
Aufsichtsrat bei Thpssen war bereits wacklig geworden; da 
war die Wahl nicht mehr schwer; wir bekamen den „Verstän- 
digungspolitiker“ Erzberger. 
In Biberach und sonstwo hielt er Reden, die derart waren, 
daß unsere militärischen Behörden (seitdem ist er ihr Feind) die 
Weiterverbreitung der Reden verbieten mußten, weil eine Ge- 
fährdung des Reichesvorliege; und gleichzeitig warntensie Herrn 
Erzberger, statt ihn, was richtiger gewesen wäre, einfach zu ver- 
haften, vor weiteren derartigen Reden, da ersonstbelangt würde. 
Das schor den Listenreichen und Allgewaltigen wenig. Er 
verbreitete fortan das Gift, nachdem ihm Oeutschland verstopft 
war, im Auslande. Den Wortlaut seiner Rede, die er am 
23. September in Ulm gehalten hatte, ließ er durch den Hol- 
länder van Blankensteynn dem „Nieuwe Rotterdamsche 
Tourant“ zugehen, der sie mit Vergnügen in seiner Nummer 
vom Oienstag, dem 9. Oktober 1917, verwertete. ODarin findet 
sich die Enthüllung, daß Österreich vollkommen kriegsmüde 
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