einem Zettel ablesen muß, nachdem er sich umständlich die
große Brille aufgestülpt hat.
Aus der Mitte der BVersammelten spricht Georg Bernhard,
der Direktor des AUllstein-Verlages, namens der Presse für
Eberts Worte seinen Dank aus, wozu er das Mandat von dem
eigens von ihm für die Weimarer Tagung begründeten Jour-
nalistenverein hat. Bernhard unterstreicht den Gedanken der
Vereinheitlichung Alldeutschlands, wie wir ihn aus der Ver-
fassungsarbeit des Staatssekretärs Preuß schon kennen, und
schließt mit einem Hoch auf Ebert, den „Führer zum einigen
freien Reich aller deutschen Stämme“. Stimmung, Stim-
mung, pPflegte der sogenannte König der Bohemiens Danny
Gürtler zu rufen und schlug auf den Tisch, daß die Gläser
tanzten. Die Stimmung ist nun da, das elektrische Fluidum
zwischen Regierung und Presse gefunden. In der nüchternen
Alltagsarbeit aber wird es sich zeigen, daß auch die geschickteste
Benutzung der öffentlichen Meinung schließlich versagen muß,
wenn man ihr keine vaterländischen Erfolge aufweisen kann,
das Reich nicht stark und achtunggebietend macht.
Insere Sprecher
Weimar, 13. Februar
Die neue Regierung ist da. Sie ist ein Kind mit drei Köpfen
und nur einer schwachen Andeutung von Armen und Bei-
nen, sitzt dafür aber auf der breiten Basis einer Dreiviertel-
mehrheit. Heute reden zum erstenmal die drei Köpfe wider-
einander. Alle drei wünschen sich einen starken Arm. Den
soll Noske erst schaffen. Im übrigen behauptet der siamesische
Orilling, daß er beileibe nicht siamesisch sei, sondern erstens
sozialistisch, zweitens christkatholisch, drittens demokratisch.
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