Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Sprüche zum Konkurs 
Weimar, 14. Februar 
Auf dem Stuhle Oavids sitzt Herr Fehrenbach, der bis- 
herige erste „Vize“, ist also in der Reichsredehalle um einen 
Platz aufgerückt, und für ihn tritt Schulz-Ostpreußen die 
Stelle des Bizepräsidenten an. Das ist eine rein dekorative 
Verschiebung, so wie man Ehrenjungfrauen im letzten Augen- 
blick noch manchmal verstellt. Es bedeutet dies keinen Macht- 
zuwachs für das Zentrum, sondern einen Verzicht auf Macht, 
da dafür die Sozialdemokraten alle wirklichen Regierungs- 
posten besetzt haben. Fehrenbach schwingt die Glocke, Scheide- 
mann trägt das Zepter; so ward beschlossen und gewählt. 
Statt Schiffers, der eigentlich heute über unseren Finanz- 
jammer berichten sollte, spricht Graf Brockdorff-Rantzau, 
stößt in die demokratische Posaune und pfeift etwas gedämpft, 
aber würdevoll auf der nationalen Flöte. Man könne sehr 
wohl Demokrat und zugleich Graf sein, bekennt er vor allem 
Volk. Der deutschen Nation ist es sicher gleichgültig, ob Rantzau 
als Graf oder als Demokrat empfehlenswerter ist, aber einen 
Staatsmann braucht sie, und wenn er es wird, dann wird 
man ihm weder Demokratie noch Grafenkrone verübeln. 
Wie in diesen Tagen alle Redner, die unbelastet ihr Amt an- 
treten möchten, so spricht auch er von der Konkursmasse des 
alten Sostems, die er verwalten müsse. Unsere historische 
Schuld habe schon mit unserer schroffen Haltung auf dem 
Haager Kongreß begonnen. Zetzt aber werde die Welt nach 
der neuen Moral Wilsons aufgebaut mit Rantzau als Bau- 
leiter für Deutschland. Des deutschen Volkes Würde sei zum 
Teil in seine Hand gegeben, und er gelobe, sie zu bewahren. 
Optime, optime. Des Beifalls langgehemmte Lust befreit 
40
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.