Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

die Linke, und daher stimmt sie der Vorlage auch zu, die in 
einer einzigen Vormittagesitzung in zwei Lesungen ange- 
nommen wird. Es geht ungemein schnell, da die Mehrbeits- 
parteien sich auf ganz kurze Reden beschränken und nicht 
wie sonst ein halbes Dutzend Minister noch dazwischen redet. 
Oie Lehre von gestern hat doch gut geiirkt. Zwar klagen 
Gröber und Siehr beweglich darüber, daß die Opposition 
dieses wichtige Gesetz, das nicht um eine Stunde verzögert 
werden dürfe, um einen ganzen Tag aufgehalten hätte, aber 
sie wissen wohl selber, wer bier an der Verschleppung die 
Schuld trägt. Schon vor zwei Wochen hätte die Reichswehr 
deschlossen werden können, aber die regierende Mehrbeit 
hatte ja Wichtigeres zu tun, sie mußte endlose Parteireden 
balten. Das ist sogar der klugen Demokratin Dr. Gertrud 
Bäumer als so ungeschickt aufgefallen, daß sie neulich mit 
unschuldigem Augenausfschlag sagte, ob es hier wirklich immer 
nach dem Gebot aus Goethes Faust gehe: „Ou mußt es drei- 
mal sagen!“ 
Zwei Ostmärker, der Heutschnationale Baerecke aus Elbing 
und der Oeutsche Volksparteiler Aßmann aus Bromberg, 
stellen, ohme daß sich lärmender Widerspruch erhebt, ausdrück- 
lich fest, daß die heutigen erbärmlichen Zustände unter dem 
alten Spstem unmöglich gewesen wären, ja daß man sogar 
in Weimar nur deshalb so ruhig tagen könne, weil die alten 
Berliner Schutzleute das Hohe Haus behüteten. Noske und 
der Demokrat Langhbeinrich können demgegenüber nur er- 
klären, daß die Reichswehr insofern doch etwas Neues sein 
werde, als darin jedermann, der militärisches Talent zeige, 
zu den höchsten Stellen emporklimmen könne, daß keine Vor- 
züge der Geburt, des Vermögene, der Bildung mehr gelten 
sollten. Das klingt vortrefflich. Aber ohne Wissen kein Kön- 
nen. Der Bildung wird ein Offizierkorps nie entraten können. 
Es ist auch unter dem alten System mehrfach vorgekommen, 
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