läuft einem die Adern entlang, wenn der Gedanke an die Wirk-
lichkeit der nächsten JZahre in den Alltag hereinlugt. Man
möchte sein Handwerk binwerfen: was soll das alles noch
nützen? Ha sitzt man halbe Tage lang in den Parlamenten,
es wird unendlich viel geredet, man vergißt auf eine Weile
die deutsche Götterdämmerung. Blitzende Wortgefechte,
heiße Gesichter, Beifall und Entrüstungssturm, — Sieg, Sieg
auf der ganzen Linie, so steht es in den Mienen der von der
Tribüne Abtretenden geschrieben, wenn die Fraktionsgenossen
sie beglückwünschen. Und dann schaut man in das Abend-
blatt. „Die Entente hat beschlossen .. Tilson ist damit
einverstanden, daß... Die deutsche Kauffahrteiflotte muß
binnen ... Has gesamte Gold der Reichsbank wird
Also richtig. Unsere schönen Schiffe. Und Erzberger hat sich
gedrückt, der verantwortliche Herr Reichsminister; er will in
der Friedenskommission nicht mehr mitmachen. Schlafen!
schlafen! Wer nur schlafen oder ein Jahr lang scheintot sein
könnte. Was nützt das, wenn heute in der preußischen Landes-
versammlung acht Stunden lang über das Sündenregister
der Unabhängigen und Spartakisten gestritten wird? Es wird
dadurch kein Spartakist zu den Rechtssozialisten bekehrt, kein
Rechtssozialist umgekehrt zu den Spartakisten hingezogen.
Auch kommt dadurch nicht Friede, Arbeit, Brot. Von den Ab-
geordneten, die heute gegen die Hoffmann--Leute auf den
Plan treten, bringt der Demokrat Riedel sein großes Anklage-
material am lebendigsten und wirkungevollsten vor; eine grau-
sige Leporelloliste aus allen Ecken und Enden Deutschlands
über die Gewalt- und Bluttaten der Spartakisten und Un-
abhängigen. Außerordentlich eindringlich wirkt auch der
Deutsche Volksparteiler Hollmann, der als Lichtenberger
Bürger lauter Selbsterlebtes und Selbstgeschautes zum Besten
gibt. Aus des Deutschnationalen Dr. Kaufmann Rede (erscheint
als Polemiker Kreths Nachfolger werden zu wollen) sei ein
Friedrich der Vorläufige 97 7