Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

weiß was! Ich weiß was!“ vielleicht hinterdrein. Das ist 
eben das Prekäre für die glorreiche Scheidemann-Ebert-Erz- 
berger-Republik, daß jeder — von dem anderen etwas weiß, 
was der Süddeutsche „Dreck am Stecken“ nennt, und daher ist 
es so schwer, den einzelnen auszubooten. 
Es gibt in der republikanischen Regierung natürlich auch 
eine ganze Anzahl persönlich durchaus lauterer Existenzen. 
Aber als Staatsmänner sind das zumeist just die unfähigsten 
Leute. Man nehme ihnen Erzbergers immense Arbeitskraft 
auf der einen Seite, die Hilfe der Geheimräte des alten 
Systems auf der anderen Seite weg, dann sind sie doch ver- 
raten und verkauft. Das Kabinett Bauer in seiner Hilf- 
losigkeit könnte dann einen Stein jammern. So starren denn 
diese für das Regieren gänzlich unvorgebildeten Spießbürger 
jetzt auf Helfferich, wie das Kaninchen auf die Riesenschlange. 
Wen mag sie noch verschlingen? Erzberger zeigt schon die 
hippokratischen Züge des Gezeichneten. Aber auch andere 
Karyatiden des neuen Systems bröckeln. Wenn der Vor- 
sitzende der Strafkammer nicht so geschickt den Strudel immer 
wieder vermiede, in dem die Regierungspolitik unserer Tage 
mahlt, wenn dieser Landgerichtsdirektor Baumbach nicht 
immer wieder die forensische Debatte darauf einschränkte, mit 
der Korruption ausschließlich Erzbergers sich zu befassen, so 
hätte außer dem Finanzminister auch noch manch anderer 
Held Sorge um seinen Skalp. 
Aber eine leise Ahnung von den Dingen bekommt man 
wenigstens. Man kann sich jetzt vorstellen, aus welchen 
Gründen der demokratische Abgeordnete v. Richthofen, dieser 
von fressendem Ehrgeiz verzehrte ewige Ministerkandidat 
unserer Mehrheitskoalition, neulich als Zeuge vor Gericht so 
aufgeregt war. Erzberger selbst, der in seiner Agonie wohl 
die Schonung der Gleichstrebenden immer mehr vergessen 
wird, enthüllt heute — wenn auch nur an einem Zipfelchen — 
— 50 —
	        
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