Full text: Hindenburg, Erzberger, Kapp

Es wird ihm über 
31. Ottober. 
In lastender Stille beginnt das Kreuzverhör Bethmanns 
am Nachmittage. Man hört leise Antworten; sie kommen 
nicht stockend, aber gbeichsam unwillig heraus. Auf dies und 
das kann sich Bethmann nicht befsinnen, erklärt beispielsweise 
zuerst, zum Botschafter Gerard nie von deutschen Kriegsgielen 
gesprochen zu haben, um gleich darauf sein Gedächtnis wieder- 
zufinden und zu berichten, daß er doch die Kriegsziele um- 
schrieben habe. Es fängt an peinlich zu werden; man schaut 
besorgt hin, ob der frühere Kanzler am Ende vor einem 
Schwächeanfall stehe. Mit leiser Stimme sagt er immer 
wieder, man solle ihm Fragen schriftlich vorlegen, dann werde 
er die Akten studieren und das nächstemal Auskunft geben. 
Oder, er müsse zuvor mit Staatssekretär a. D. Zimmermann 
sich ins Benehmen setzen. „Sprechen Sie mit Mamal“", so 
klingt es beinahe. . 
Aber im weiteren Verlauf der Vernehmung merkt man 
doch, daß man die Rolle, die dieser Jeuge spielt, nicht auf diese 
einfältige Formel bringen darf. Der ehemalige Kanzler steht 
nicht vor einem Schwächeanfall, sondern eher vor 
einem Wutanfallj; alles in ihm zittert vor Erregung an- 
gesichts der törichten Fragen der Cohn und Schücking und 
Sinzheimer und der anderen letzten Azteten des Bethmann- 
blocks. Das mächtigste Reich unseres Festlandes ist in Stücke 
geschbagen, die fünfhundertjährige Zollernmonarchie zer- 
brochen, das deutsche Volk in tiefstes Elend gestürzt: und da 
haben die parlamentarischen Großinquisitoren nichts Wich- 
tigeres auf dem Hergen als die zeugeneidliche Bekundung, ob 
die Freisinnige Volkspartei nicht mindestens so „weitsichtig“ 
* 
— 19 —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.