§ 33. Das Ministerium. 99
III. Um gegenüber der durch die Schaffung selbstständiger Ministerien erfolgten Zer-
legung der Verwaltung in eine Anzahl unabhängiger Verwaltungszweige die Einheitlichkeit
der gesammten Staatsverwaltung zu wahren, ist in dem sog. Staatsministerium durch die
Kab.O. v. 3/6. 1814 (G. S. S. 40) und 3/11. 1817 (G. S. S. 289) ein Ministerrath ge-
schaffen worden, der aus den Vorständen der 9 Staatsministerien und den etwa ernannten
Staatsministern ohne Portefeuille besteht. Nach der Kab. O. v. 9/12. 1827 (G. S. 1828 S. 5)
kann der Präsident des Staatsraths, auch wenn er nicht Minister ist, den Versammlungen,
jedoch ohne Stimmrecht beiwohnen. Den Vorsitz im Staatsministerium kann der König selbst
übernehmen, dann führt die Versammlung den Namen „Kronrath“. Außerdem hat den Vor-
sitz der zum Präsidenten bezw. Vizepräsidenten ernannte Minister.
Das Staatsministerium ist als selbstständige Behörde organisirt und sind bei ihm ein
Unterstaatssekretär, vortragende Räthe und die erforderlichen Bureaubeamten angestellt.
Was den Wirkungskreis des Staatsministeriums anlangt, so sollte nach der Kab.O. v.
3/6. 1814 das Staatsministerium allgemeine Gegenstände und solche, wo die Ressorts in ein-
ander greifen und eine gemeinschaftliche Berathung erforderlich ist, erledigen, die Kab.O. v.
3/11. 1817 machte sodann den Ministern zur Pflicht, von Zeit zu Zeit allgemeine Uebersichten
der ihnen anvertrauten Geschäftszweige zur Kenntniß des Staatsministeriums zu bringen. Außer-
dem sollten in demselben insbesondere folgende Gegenstände vorgetragen und berathen werden:
1. alle Entwürfe zu neuen Gesetzen und Abänderungen bestehender Gesetze ohne Ausnahme,
bevor sie an den Staatsrath gelangten, desgleichen Anordnungen, die allgemeines Interesse be-
treffen, oder in der bestehenden Verfassung etwas verändern, 2. die Verwaltungsrechenschaften
der Oberpräsidenten für das abgelaufene Jahr, 3. die Verwaltungspläne derselben für das
künftige Jahr, 4. die monatlichen sog. Zeitungsberichte der Regierungen, 5. periodische Ueber-
sichten vom Zustande der Generalkassen, 6. die Etats der General= und Provinzialhauptkassen,
soweit sie die laufende Verwaltung betreffen, 7. abweichende Ansichten zwischen den einzelnen
Ministern, 8. Militäreinrichtungen, insoferne sie das Land angehen, 9. die Vorschläge wegen
Anstellung der Oberpräsidenten, der Regierungspräsidenten und derjenigen der oberen Justiz-
kollegien, der Direktoren, der Oberforstmeister und der mit diesen gleichen Rang habenden Be-
amten, 10. die allgemeinen Maßregeln und Einrichtungen der Landgestüte und die darin zu
treffenden Veränderungen.
Durch die Verfassungs-Urkunde und verschiedene neuere Gesetze sind dem Staatsministe-
rium noch eine Anzahl weiterer Zuständigkeiten beigelegt worden. 1. Mitwirkung bei Begrün-
dung einer Regentschaft V. U. Art. 57 u. 58. 2. Mitwirkung beim Erlasse von Verordnungen
mit Gesetzeskraft (sog. Nothverordnungen) V. U. Art. 63. 3. Verhängung des Belagerungs-
zustandes und zeitweise Außerkraftsetzung gewisser Verfassungsartikel (G. v. 4/6. 1851)).
4. Die Befugniß die Auflösung kommunaler Vertretungskörper (Stadtverordnetenversamm-
lungen, Kreistage, Provinziallandtage u. s. w.) durch Antragstellung beim Könige herbeizu-
führen (vgl. z. B. östl. St. O. 8 79, a. Kr. O. 8 179, a. Pr.-O. § 122). 5. Die letztinstanzielle
Entscheidung über Beschwerden wegen Vereinigung von Landgemeinden und Gutsbezirken mit
anderen, sowie wegen Abtrennung einzelner Theile von solchen und Vereinigung mit andern
(L.G.O. v. 3/7. 1891, § 2, Z. 3 u. 4). 6. Verschiedene Funktionen in Angelegenheiten der
evangelischen Landeskirche (G. v. 3/6. 1876 Art. 13, Abs. 2, 8, 2b, 15, 17). 7. Verschiedene
Funktionen gegenüber der katholischen Kirche (G. v. 14/7. 1880 Art. 2—4). 8. Das Staats-
ministerium ist oberste Disciplinar-Instanz für die nicht-richterlichen Beamten (G. v. 217.
1852, 88 41, 45, 46). 9. Das Staatsministerium hat Vorschläge für die Besetzung der Stellen
1) Das Recht der Verhängung des Belagerungszustandes steht dem Staatsministerium nicht
mehr zu, da diese Maßregel jetzt nach Art. 68 R.V. allein vom Kaiser ausgehen kann. (Laband,
Staatsrecht des deutschen Reichs, 2. Aufl., I, S. 537.) Vgl. im Uebrigen § 93.
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