Full text: Handbuch des Öffentlichen Rechts. Band II.3. Das Staatsrecht des Königreichs Preußen. (23)

100 Zweites Buch: Staat und Staatsverfassung. IV. Kapitel. g 33a. 
im Oberverwaltungsgericht zu machen, die Subaltern- und Unterbeamten dieses Gerichtshofs 
zu ernennen und die Eintheilung des Gerichts in Senate zu beschließen und seine Geschäfts— 
regulative zu bestätigen (G. v. 3/7. 1875, §§ 18, 36. G. v. 2/8. 1880, 88 18, 26, 30). 
10. Das Staatsministerium schlägt den Präsidenten der Oberrechnungskammer dem König 
zur Ernennung vor und genehmigt das Geschäftsregulativ dieser Behörde (§8 2 u. 7 G. v. 
27/3.1872). 11. Ebenso macht es den Vorschlag für Ernennung des Präsidenten des Ober- 
landeskulturgerichts (V. v. 22/11. 1844, § 8 u. G. v. 18/2. 1880, § 2). 12. Endlich macht 
es die Vorschläge für Besetzung der Stellen der Oberexaminationskommission für Verwaltungs- 
beamte und bestätigt das Geschäftsregulativ dieser Behörde (V. v. 14/2. 1846 §§ 18, 20 u. 
B. v. 27/2. 1846) 0. 
Insoweit durch die im Vorstehenden erwähnten speziellen Vorschriften dem Staats- 
ministerium die Entscheidung oder Beschlußfassung in einer Anzahl von Angelegenheiten über- 
tragen wurde, faßt es Mehrheitsbeschlüsse, welche für die Minderheit bindend sind?); die dem 
Staatsministerium durch die Kab.O. v. 3/6. 1814 u. die V. v. 3/11. 1817 überwiesenen An- 
gelegenheiten dagegen sollen im Kollegium nur „vorgetragen und berathen werden“. Die ein- 
zelnen Minister bindende Beschlüsse kann daher in diesen Sachen das Staatsministerium nicht 
fassen, denn es besteht in Preußen ein kollegiales Gesammtministerium nicht, vielmehr sind 
lediglich einzelne, einander gleichgestellte Ressortminister vorhanden. 
Dem Staatsministerium unmittelbar untergeordnet sind: a) das Centraldirektorium der 
Vermessungen im preußischen Staate, b) der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenz- 
konflikte, c) der Disciplinarhof für nicht richterliche Beamte, d) das Oberverwaltungsgericht, 
e) die Prüfungskommission für höhere Verwaltungsbeamte, 1) der Reichs= und Staatsanzeiger, 
9) die preußische Gesetzsammlung, h) die Ansiedelungskommission für Westpreußen und Posen 
(G. v. 26/4. 1886, § 12 u. V. v. 21/6. 1886)7). 
Unter dem Präsidenten des Staatsministeriums 4) stehen: a) die Generalordenskommis- 
sion, b) die Staatsarchive, c) das Gesetzsammlungsamt. 
§ 33a. Das Kabinett 5). Die Aufgabe des Kabinetts ist gegenwärtig, den König in 
der Ausübung seiner persönlichen Regierungsthätigkeit zu unterstützen. Seine Funktionen 
umfassen nicht bloß die formelle Erledigung, sondern auch die materielle Vorbereitung der 
persönlichen Entschließungen des Monarchen. Die Theilnahme des Kabinetts an den Staats- 
geschäften findet aber ihre rechtliche Grenze an der Befugniß und der Pflicht der Minister, den 
König zu berathen und seine Regierungsakte unter Uebernahme der Verantwortlichkeit gegen- 
zuzeichnen. In Folge dessen kann das Kabinett die maßgebende politische Stellung, die es 
früher einnahm, nicht mehr einnehmen (vgl. § 5). Trotzdem ist das Kabinett eine unmittelbar 
  
1) Wie sich schon aus der Aufzählung ergiebt, bedürfen in einzelnen Fällen die Beschlüsse des 
Staatsmintsteriums noch der Sanktion des Königs, in anderen beschließt das Staatsministerium selbst- 
ständig. 
2) Vgl. über diese Frage die Schrift von Zorn: Die staatsrechtliche Stellung des preußischen 
Gesammtministeriums (1892) S. 30 ff. 
3) Früher unterstand dem Staatsministerium auch das litterarische Bureau; dasselbe ist jedoch 
jetzt dem Ministerium des Innern unterstellt. 
4) Der Präsident des Staatsministeriums, der sog. Ministerpräsident, hat als primus inter 
pares lediglich die formelle Leitung der Geschäfte des Kollegiums, eine Unterordnung der übrigen 
Minister unter den Ministerpräsidenten in sachlicher Beziehung besteht dagegen nicht. Durch die nicht 
publizirte Kab. O. v. 8/9. 1852 ist jedoch im Interesse der Einheitlichkeit und Kollegialität des Mini- 
steriums vorgeschrieben, daß kein Minister dem König unmittelbar Vortrag erstatten darf, ohne den 
Ministerpräsidenten vorher in Kenntniß zu setzen. Eine viel einflußreichere Stellung hatte dagegen der 
Staatskanzler; vgl. § 6. 
5) Brie, Art. „Kabinett“ im Wörterbuch des Verw.-Rechts, 1, S. 699 f. — Rönne a. a. O. 
S. 54. 68 ff. — Schulze a. a. O. S. 285/86. — Bornhak a. a. O. S. 291 ff.
	        
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